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Arbeitszeit und Arbeitsbelastung

Allgegenwärtiger Bildungsnotstand im Land

„Land bemüht sich um weitere Lehrer“ betitelte die MZ ihre Meldung vom 5. März zur neuesten Ausschreibungsrunde unseres Bildungsministeriums.

Insgesamt werden erneut 568 Lehrkräfte und Seiteneinsteigende für die Schulen in Sachsen-Anhalt gesucht. 173 dieser Stellen gelten von vornherein als schwer zu besetzen. Bis zum Jahr 2035 benötigt Sachsen-Anhalt mehr als 9.000 neue Lehrkräfte, um alle aktuell offenen Stellen sowie die in Rente gehenden Lehrkräfte zu ersetzen, so ein Expertenbericht unseres Bildungsministeriums aus dem letzten Jahr. Doch wo sollen diese Lehrkräfte herkommen, wenn sich nichts an den Arbeitsbedingungen ändert?

Von den rund 2.000 Kita-Mitarbeiter*innen, die CORRECTIV im Zuge seiner Recherche zum Kita-Notstand in Deutschland befragte, berichten 60 Prozent über Stress, Druck und Überlastung. Jede zehnte befragte Person hat bereits gekündigt oder denkt über den Ausstieg nach. Für Sachsen-Anhalt bedeutet dieser Trend eine weitere Verschlechterung des bereits unterirdischen Personal-Kind-Schlüssels in den Kitas und eine noch höhere Belastung für die verbleibenden Erzieher*innen. trotz des überdurchschnittlich hohen Betreuungsschlüssels fehlten laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bereits im letzten Jahr allein 2.500 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Doch wo sollen auch hier diese pädagogischen Fachkräfte herkommen, wenn sich nichts an den Arbeitsbedingungen ändert?

Im Wissenschaftsbereich ist ebenfalls vieles auf Kante genäht. Eine hohe Arbeitsbelastung und eine Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden täglich sind keine Seltenheit – und das, obwohl sich die Anzahl wissenschaftlicher Mitarbeitender in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt hat. Auf eine Professur kommen demnach acht wissenschaftliche Mitarbeitende, wie Soziologin Freya Gassmann in ihrer von der Max-Traeger-Stiftung geförderten Studie ermittelte. Was sind da schon Kettenbefristungen und ein Befristungsniveau von durchschnittlich 80 Prozent?

Eine hohe Arbeitsbelastung und Überschreitungen der Arbeitszeit sind im Bildungsbereich allgegenwärtig. Da kommt die Arbeitszeiterfassung nicht unbedingt gelegen: Sie wird oft als zusätzliche Belastung und Eingriff in die Freiheit empfunden und als Instrument der Leistungs- und Verhaltenskontrolle betrachtet. Als GEW sollten wir jedoch selbstbewusst und entschlossen eine flächendeckende Zeiterfassung im Bildungsbereich durchsetzen – für uns selbst, für unsere Kolleg*innen und zum Schutz unserer Gesundheit.