Warum ein Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte?
Arbeitssituationen brauchen vertragliche Regelungen
Seit geraumer Zeit ist wieder Leben in die Debatte um den Tarifstatus von studentischen Mitarbeitenden und Tutor*innen, die als Hilfskräfte an den Universitäten und Hochschulen arbeiten, gekommen. Es konkretisieren sich die Forderungen der Studierenden nach einer fairen Behandlung und Bezahlung. Diese lauten: längere Mindestvertragslaufzeiten, höhere Löhne, regelmäßige Lohnerhöhungen, die Einhaltung von Mindeststandards und mehr Mitbestimmung.
Die Bezahlung von studentischen Hilfskräften liegt gegenwärtig auf dem Niveau des Mindestlohns oder nur knapp darüber. Mit dem 1. Oktober 2022 wird es eine Anpassung an den Mindestlohn geben und die Vergütung voraussichtlich auf diesem Niveau für studentische Hilfskräfte bleiben. Die Arbeitssituation hingegen ist gekennzeichnet von unregelmäßigen Arbeitszeiten und unbezahlten Überstunden. Über ihren Urlaubsanspruch werden Hilfskräfte oft nicht informiert oder von Vorgesetzten wird über die kurzen Vertragslaufzeiten (i. d. R: drei bis sechs Monate) Druck ausgeübt. Denn: Wer will schon den eigenen Arbeitsplatz verlieren, wenn er/ sie sich damit das Studium finanzieren muss? Oft müssen Urlaubstage und/oder Krankheitstage nach- oder vorgearbeitet werden. Die verpflichtende Übernahme von 100 Prozent der Sozialversicherungsleistungen durch die Hochschulen als Arbeitgeber ist zu gewährleisten, damit studentische Hilfskräfte und Tutor*innen im Minijob-Bereich angemessen abgesichert sind. Auch hier muss nachgebessert werden.
Wie verheerend die Arbeitssituation der Studierenden an den Universitäten und Hochschulen in Deutschland ist und an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht, wird gerade in einer Studie untersucht. Die Erhebung wurde in Kooperation mit ver.di, der GEW und dem Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen durchgeführt. Die erforderlichen Daten wurden im Sommer 2022 erhoben und sollen diesen Herbst veröffentlicht werden. Bundesweit haben an der Befragung knapp 15.000 Personen teilgenommen, womit es sich bei der Studie um die bisher größte Erhebung zu den Arbeitsbedingungen studentisch Beschäftigter handelt – das ist bereits jetzt ein riesiger Erfolg. Mit den Ergebnissen wollen wir die Arbeitgeberin (Tarifgemeinschaft deutscher Länder – TdL) konfrontieren und gegebenenfalls dazu zwingen, die Arbeitssituation von Studierenden zu verbessern.
Gerade jetzt wird durch die immer stärker werdende Inflation deutlich, wie wichtig es ist, sich aktiv für bessere Arbeitsbedingungen und eine gerechte Entlohnung der studentischen Mitarbeiter*innen an den Hochschulen einzusetzen. Um den Forderungen nach einem Tarifvertrag Nachdruck zu verleihen, wird es notwendig sein, dass die Studierenden wie auch die Mitarbeiter*innen an allen Hochschulen in Sachsen-Anhalt solidarisch sind. So können alle den anstehenden Arbeitskampf der studentischen Mitarbeiter*innen an ihren jeweiligen Universitäten und Hochschulen unterstützen. Deshalb muss das nächste Jahr – frei nach Marx – unter das Motto gestellt werden: „Studierende und Beschäftigte aller Hochschulen vereinigt euch!“