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Kommentar zum INSM-Bildungsmonitor

Bildungsverantwortliche, wacht endlich auf!

Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft veröffentlicht seit 20 Jahren ihren Bildungsmonitor. Den Machern dieser jährlichen Studie geht es vor allem um die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Bildung. Oder anders ausgedrückt: Was muss die Bildung für eine funktionierende deutsche Wirtschaft leisten?

Foto: www.insm-bildungsmonitor.de

Das deutsche Geschäftsmodell steht in diesem Jahrzehnt gleich durch vier Faktoren unter Druck: Digitalisierung, Demografie, Dekarbonisierung und Deglobalisierung. Um unsere Unternehmen stabiler gegen diese Faktoren zu machen, braucht es mehr Innovation. Aber Innovation setzt gute Bildung voraus.

Unübersehbar ist seit mehreren Jahren der Mangel an Fachkräften. Die Ursachen dafür liegen aber nicht nur in der demografischen Entwicklung, sondern zum beträchtlichen Teil in den Defiziten unseres Bildungssystems. Als die schlimmsten Mängel werden altbekannte Dinge genannt: viel zu hohe soziale Selektivität, Ungleichheit der Bildungschancen und unzureichende Unterstützung von Familien. Dabei gab es in den 20 Jahren durchaus auch Grund zur Freude. Zwischen 2000 und 2010/2011 konnte der Bildungsmonitor eine stetige Verbesserung der Ergebnisse konstatieren. Seit 2013 aber geht es nur noch bergab.

Heute wird festgestellt, dass sich in den letzten zehn Jahren das Bildungsniveau in Deutschland dramatisch verschlechtert hat. Der Handlungsdruck auf die Verantwortlichen für das Bildungswesen nimmt immer weiter zu, aber offensichtlich sind grade diese dabei völlig unbelehrbar. Insbesondere die Versäumnisse in der frühkindlichen Bildung lassen sich bei Kindern aus bildungsfernen Haushalten oder mit Migrationshintergrund nicht mehr ausgleichen. Kitas und Schulen schaffen es noch immer nicht, mit deutlich heterogeneren Gruppen als früher umzugehen. Es fehlt an der Qualität der Betreuung in den Kitas, was hauptsächlich an den Betreuungsschlüsseln liegt, und auch die gegenwärtige Ganztagsinfrastruktur leistet nicht, was in anderen Ländern längst gelingt. Es ist allenthalben ein schwacher Trost, dass sich im Länderranking Sachsen-Anhalt vom vorletzten auf Platz elf verbessert hat – Sachsen-Anhalt ist nur etwas langsamer schlechter geworden als Bremen, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen.

Seit Jahren vernimmt man dieselben Forderungen: Schafft gleiche Bildungschancen für alle, verringert die Bildungsarmut, löst den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg auf! INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben: „Bildung ist der Schlüssel, um Deutschland aus der Abwärtsspirale zu holen. Wann handeln Bund und Länder endlich?“ Die GEW fordert das seit Jahren; unser Ansinnen nach einem Sondervermögen von 100 Mrd. Euro für Investitionen in Schulen und Kitas ist keine Unverschämtheit, sondern bitter nötig. Dem Nachdruck verleihen wird hoffentlich der bundesweite Bildungsprotesttag „Bildungswende JETZT!” am 23. September 2023, zu dem über 150 Bildungsorganisationen, Gewerkschaften – darunter die GEW – und Selbstorganisationen der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Beschäftigten aufgerufen haben. Bildungsverantwortliche, wacht endlich auf!

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