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Kommentar

Der Fisch stinkt vom Kopf her

Die Volksstimme hat vor Kurzem Auszüge eines Protestbriefes von Schulamtsmitarbeitern an Bildungsministerin Eva Feußner veröffentlicht. Dort werden die katastrophalen Arbeitsbedingungen im Referat 33 angeprangert. Am Ende wird die Frage aufgeworfen: „Haben nur Lehrkräfte eine Lobby?“

Ja, die Lehrkräfte haben eine Lobby. Das ist die GEW. Die GEW ist aber auch für Mitarbeiter*innen in Behörden und Verwaltungen da. Es gibt dafür sogar einen eigenen Vorstandsbereich im Landesverband. Insofern haben auch die Mitarbeitenden des Referats 33 eine Lobby. Offenbar zielt die Frage aber gar nicht auf die gewerkschaftliche Vertretung, sondern auf das Bildungsministerium insgesamt. Ansonsten wäre der Brief wohl an die GEW gerichtet gewesen.

Für mich drängt sich damit aber eine andere Frage auf: Ist es Frau Feußner gelungen, in der Manier von „teile und herrsche“ Lehrkräfte gegen Verwaltung auszuspielen? Wenn ja, wäre das sehr bedenklich.Der Humanist Erasmus von Rotterdam: „Es fängt der Fisch zuerst vom Kopf zu stinken an. Das ist gegen die schlechten Herrscher gerichtet, die mit ihrer Verderbtheit das ganze Volk anstecken.“ Nichts kann die Bildung in Sachsen-Anhalt jetzt weniger gebrauchen, als dass Berufsgruppen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben aufeinander angewiesen sind (und das sind Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter*innen), aufeinander losgehen. Das Problem liegt für beide beim Kopf!

Wenn man sich die Entwicklung der Unterrichtsversorgung seit 2012/2013 ansieht, kommt einem das Grausen. Die Entwicklung der Schülerzahlen und die des Lehrkräftebestandes, der diese Schüler*innen in Sachsen-Anhalt unterrichten soll, stellt sich als eine gigantische Schere dar, die sich immer weiter öffnet. Immer weniger Lehrkräfte sollen immer mehr Schüler*innen unterrichten. Nur mit der Einführung der Vorgriffstunde gibt es einen kleinen Schnittversuch, der aber das Problem nicht annähernd löst. Lediglich in Halle werden etwa 99 Prozent Unterrichtsversorgung erreicht, alle anderen Kreise pendeln sich unterhalb von Halle ein, bis zum Bördekreis, der nur noch 89 Prozent hat und das Schlusslicht bildet.

Bezogen auf einzelne Schulen erreichen nur noch 23 Prozent der Einrichtungen 100 Prozent. Am besten sieht die Katastrophe noch an den Gymnasien aus. Die Lage an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen ist Katastrophe in Potenz. Diese Entwicklung ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist das Ergebnis jahrelanger politischer Fehlentscheidungen. Wenn sich etwas ändern soll, muss sich zuerst die Politik ändern. Auch wenn man eine Vorgriffsstunde für die Verwaltung einführen würde, bliebe die grundsätzliche personelle Unterbesetzung des Schulamtes, wie auch die personelle Unterversorgung der Schulen, damit nicht beseitigt.

Es mag zunächst den Anschein erwecken, dass die hauptsächlich Leidtragenden dieser Politik Lehrkräfte und Verwaltungsmitarbeiter*innen sind. Dem ist nicht so. Die wirklich Leidtragenden sind die Kinder und Jugendlichen. Der Satz: „Kinder sind unser wichtigster Schatz und die bedeutendste Ressource“, ist in Sachsen-Anhalt zu einer Farce verkommen. Schätze und Ressourcen pflegt man gemeinhin. Nicht bei uns. Hier herrscht offensichtliche Gleichgültigkeit der politisch Verantwortlichen vor, die schnellstens beendet werden muss.
 

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