GEW-Rechtssekretär Thomas Kohout verabschiedet
„Der Rechtsschutz ist eine wichtige Dienstleistung der GEW“
Thomas Kohout hat über zwei Jahrzehnte als Rechtssekretär und Justiziar der GEW Sachsen-Anhalt die Mitglieder und die GEW selbst in allen juristischen Belangen vertreten. Er war kompetenter Ansprechpartner und Berater in Rechtsangelegenheiten, hat uns und den Mitgliedern Urteile erläutert, über juristische Sachverhalte aufgeklärt und für unsere Mitglieder vor Gericht gekämpft. Außerdem ist Thomas Kohout für die GEW als ehren-amtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht tätig. Anfang Januar wurde er feierlich in die Freistellungsphase der Altersteilzeit verabschiedet. Seine Nachfolge hat nun Peggy Osadolor als Juristin in der Landesrechtsschutzstelle angetreten.
Thomas, du kannst auf rund 20 Dienstjahre bei der GEW zurückblicken. Gibt es Momente, an die du dich besonders gern erinnerst?
Ja, selbstverständlich. Ich erinnere mich natürlich immer gerne an die Rechtsstreitigkeiten, die wir gewonnen haben und bei denen viel Arbeit und Vorbereitung dahintergestanden hat. Das lässt sich jetzt im Einzelnen natürlich schwer aufzählen. Ich erinnere mich aber auch sehr gerne an die gute Zusammenarbeit, die ich mit den Rechtsstellen der DGB Rechtsschutz GmbH hatte. Gleiches gilt auch für die immer gewinnbringende Kooperation mit Rechtsanwalt Thomas Neie. Und an dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich für die wunderbare vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Kollegin Ilona Kopplin-Westermann bedanken, auf die ich mich immer verlassen konnte; wir haben in der Rechtsstelle ein tolles Team gebildet. Das bleibt mir auf jeden Fall in dankenswerter und positiver Erinnerung. Und ich erinnere mich auch gern an große und erfolgreiche Warnstreiks auf dem Alten Markt in Magdeburg.
Gibt es auch Momente, an die du dich nicht so gerne erinnerst?
Eigentlich nicht wirklich. Natürlich gehört es im Arbeitsalltag auch mal dazu, dass man nicht immer einer Meinung ist oder dass es auch mal Auseinandersetzungen gab, weil meine Aussagen inhaltlich nicht mit den Vorstellungen des Gegenübers korrespondierten. Oder es gab Situationen, in denen die Hilfesuchenden nicht glücklich über manche Aussagen von mir beziehungsweise über die Ergebnisse der Rechtsprechung waren, aber das waren Einzelfälle, die eben auch zum Geschäft gehörten und die ich direkt abgehakt habe.
Was hat dir die meiste Freude bereitet?
Was mir persönlich Freude gemacht hat, war der Umstand, wenn die Rechts- oder Mitgliederberatung den Betroffenen geholfen hat und diese sich mir gegenüber dementsprechend geäußert und gedankt haben. Der persönliche Kontakt hat mir immer sehr viel Freude bereitet und wenn man für seine Arbeit noch Lob oder Dank erhält, freut man sich natürlich um so mehr. Eine große Anerkennung war für mich auch die Tatsache, dass Interessenten bei uns extra Mitglied geworden sind, um den Rechtsschutz der GEW in Anspruch zu nehmen.
Haben sich denn die Tätigkeiten und Aufgaben im Laufe deiner Amtszeit verändert?
Ja, das würde ich schon so sagen. Am Anfang ging es um echte Existenzfragen unserer Mitglieder. Es gab gab jede Menge Kündigungssrechtsstreitigkeiten, weil das Land Sachsen-Anhalt beziehungsweise das Bildungsministerium viele Lehrkräfte wegen vermuteter mangelnder politischer Eignung nach der Wende aus dem Dienst entfernen wollte und denen gekündigt hatte. Das waren vorrangig Lehrkräfte, die mit der Systemnähe zur DDR zu tun hatten. In diesem Zusammenhang sind massenweise Kündigungen ausgesprochen worden. Da waren die Menschen natürlich sehr aufgeregt und besorgt, weil es um ihre Existenz ging. Zum Glück ist das in der Regel gut ausgegangen. Als diese Kündigungswelle vorbei war, gab es diese existenzbedrohenden Auseinandersetzungen in diesem Umfang nicht mehr. Zum Schluss kamen eher Fragen wie „Muss ich denn wirklich Mehrarbeit leisten?“ oder „Muss ich der Abordnung des Schulamtes nachkommen?“. Es handelte sich also dann eher um Probleme aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus. Insgesamt sind in den vergangenen Jahren die Beratungen intensiver geworden. Häufig wollten die Mitglieder eine „Rundum-Beratung“ haben, in der alle Eventualitäten abgedeckt sind, nach dem Motto: Was kann ich tun, wenn einer dies oder das mit mir macht?
Sind denn solche Anfragen auch mit der Einführung der Vorgriffsstunde im vergangenen Jahr häufiger geworden?
Diese Vorgriffsstunde war ein neuer Baustein. Wir hatten sehr viele Anfragen dazu, ob die Lehrkräfte diese zusätzliche Stunde halten müssen oder nicht und mit welchen Maßnahmen die GEW gegen diese Arbeitszeitverordnung vorgeht. Aber als riesigen oder signifikanten Einschnitt in unserer Rechtsstelle würde ich es nicht beurteilen.
Mit welchen Sorgen und Problemen sind die Mitglieder größtenteils zu dir gekommen?
Insgesamt wurden in den Anfragen eher die Probleme des täglichen Berufslebens bearbeitet. Es handelte sich oft um Anfragen im Sozialrecht, wie zum Beispiel Ärger mit der Krankenkasse oder mit der Rentenversicherung; das waren eher die Schwerpunktthemen.
An welche erfolgreichen Fälle aus deiner Dienstzeit kannst du dich besonders gut erinnern?
Zum einen gab es für beamtete und angestellte Lehrkräfte das Problem, dass notwendige Schulbücher, die nicht in der Schule vorhanden waren und den Lehrkräften nicht zur Verfügung gestellt wurden, von den Lehrkräften selbst als Lehrmittel angeschafft worden sind und die dann natürlich nach der Erstattung der Kosten fragten. Das Schulamt hat regelmäßig die Kolleg*innen auf den Kosten sitzen lassen. In dem Zusammenhang konnten wir für die angestellten und beamteten Lehrkräfte positive Urteile erwirken, dass das Schulamt auch verpflichtet ist, diese Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und die Kosten zu erstatten.
Ein weiteres Problem war, dass das Land Sachsen-Anhalt versucht hat, die Möglichkeiten der Altersteilzeit einzuschränken. Es gab einen Altersteilzeittarifvertrag, der abgeschlossen worden ist, als es noch sehr viele Lehrkräfte im Land gab, und dann sollten die Kollegen*innen natürlich auch in der Altersteilzeit den Schuldienst verlassen können. Als man aber schließlich später feststellte, dass es einen Lehrkräftemangel gibt, wurden die Altersteilzeitanträge einfach nicht mehr genehmigt. Dagegen haben wir auch anfangs erfolgreich geklagt, etwas später hatte sich dann aber die Rechtslage verändert, weil es eine Regelung gab, wenn schon eine bestimmte Menge der Lehrkräfte bereits Altersteilzeitverträge hatten, weitere Anträge dazu nicht mehr genehmigt werden mussten.
Was wäre denn dein Fazit über deinen Aufgabenbereich?
Der Rechtsschutz ist eine sehr wichtige Dienstleistung der GEW für ihre Mitglieder. Aus meiner Sicht ist es auch notwendig, dass die GEW die Rechtsberatungen eigenständig durchführt. Aus meinem Erfahrungsschatz heraus wird das von den Mitgliedern auch so erwartet und es ist ihr gutes Recht, eine kompetente Beratung und Auskunft von uns an dieser Stelle zu erhalten. Und ich habe den Eindruck, dass sich in dem Bereich diese Erwartung im Laufe der Jahre noch gesteigert hat. Die Mitglieder wollen aus ihrer Organisation heraus eine Antwort haben und sich auch gut beraten und betreut fühlen. Für diese Aufgaben wünsche ich meiner Nachfolgerin, Peggy Osadolor, viel Erfolg.
Ein anderer Punkt ist, dass die Kolleg*innen oft eine gewisse Erwartungshaltung haben und ich ihnen auch manchmal die Auskunft geben musste, dass sich die Behörden rechtskonform verhalten haben und manche Dinge im juristischen Sinne möglich und legal sind, allerdings sich nicht mit den Vorstellungen unserer Mitglieder deckten. Da musste ich des Öfteren auch viel Überzeugungsarbeit leisten. Und das war eine wichtige, aber nicht immer ganz leichte Aufgabe: Die GEW als solches kann ja als Institution nicht die Rechtsprechung abändern oder negieren. Oftmals war das schon ein gewisser Spagat, den Menschen das vernünftig zu erklären, wenn es nicht nach ihren Vorstellungen ging und sie trotzdem nicht unzufrieden nach Hause gehen sollten. Ich habe zumindest immer mein Bestes dafür gegeben, dass die Mitglieder zufriedenstellende Auskünfte und Begründungen von uns erhalten.
Seit Anfang Januar genießt du deine Freizeit. Wie gefällt es dir und was hast du dir für die kommende Zeit vorgenommen?
Ich möchte, solange es unsere Gesundheit zulässt, zusammen mit meiner Partnerin ganz viel unterwegs sein und reisen, am liebsten durch Asien und Europa. Und ich freue mich, dass ich überhaupt keinen Zeitdruck mehr habe und den Tag frei gestalten kann. Es gibt lediglich noch eine Einschränkung: Ich bin bereits vor acht Jahren als ehrenamtlicher Richter für die GEW an das Bundesarbeitsgericht berufen worden und kann so noch etwas im Stoff bleiben. Dort werden keine Eilsachen behandelt, ich habe genügen Vorlauf zu den Terminen – und zwischendurch lasse ich es mir gut gehen.