Rede zum bundesweiten Bildungsprotesttag
"Der Zustand in unseren Bildungseinrichtungen ist nicht länger akzeptabel!"
Am 23. September 2023 gab es einen bundesweiten Bildungsprotesttag, zu dem das Bündnis „Bildungswende JETZT!“ – ein Zusammenschluss aus mehr als 180 Bildungsorganisationen, Gewerkschaften, Eltern- und Schülervertretungen aufgerufen hatte. Malte Gerken, stellvertretender Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, hielt auf einer Kundgebung in Halle folgende Rede:
Liebe Kolleg*innen aller Bildungseinrichtungen, liebe Schüler*innen und Studierende, liebe Mitstreiter*innen. Vielen Dank, dass ich heute hier sein darf, um gemeinsam mit euch für Veränderungen zu kämpfen – und zwar für Veränderungen, die alle unsere Bildungseinrichtungen betreffen – und das ist auch bitter nötig – ich bin fast dreißig Jahre Vater, Lehrkraft und habe an einer Uni studiert – ich weiß genau, wovon ich rede, liebe Mitstreiter*innen.
Wir sind heute hier, um klarzumachen, dass der Zustand in unseren Bildungseinrichtungen nicht länger akzeptabel ist. Wir alle haben es erlebt, dass Kitas und Schulen aus Personalmangel nicht öffnen konnten, dass die Studiendauer sich wieder verlängert hat, weil wir ein Seminar an der Uni nicht belegen konnten oder dass Kinder in unseren Einrichtungen nicht mehr auf die maroden Toiletten wollten. Um das zu ändern sind wir heute hier und es ist selbstverständlich, dass wir als Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft diese Bewegung aus voller Überzeugung unterstützen, liebe Mitstreiter*innen. Denn unsere Mindestforderungen sind klar und eindeutig:
- Wir fordern mehr Zeit für die Arbeit mit den uns anvertrauten Menschen statt Dokumentationspflicht, überfrachtete Lehrpläne und drei Klassenarbeiten pro Woche!
- Statt der Ausgrenzung von Menschen, fordern wir, dass wir Diskriminierung bekämpfen und Teilhabe für alle garantieren!
- Wir fordern mehr Personal und mehr Ausbildungsplätze statt vollgestopfter Hörsäle, unüberschaubarer Kindergruppen und Unterrichtsausfall!
- Wir wünschen uns Lehr- und Lernorte, an denen sich alle wohlfühlen. Und wir fordern eine zeitgemäße, zukunftsorientierte Ausstattung statt maroder Gebäude und Polylux!
- Wir fordern ein Sondervermögen, das nicht nur zum Stopfen der nötigsten Löcher reicht, sondern auch langfristig unsere Forderungen finanziell absichern kann!
– Und mir soll keiner erzählen, dass das nicht geht. Wenn wir nicht den Superreichen seit 1997 die Vermögenssteuer schenken würden, könnten unsere Forderungen heute aus der berühmten Portokasse bezahlt werden, liebe Mitstreiter*innen. Denn nur wenn unsere Forderungen zu mehr als nur Worte auf Plakaten und Worte in Reden werden, nur dann können wir die Zukunft erfolgreich gestalten!
Sie sind der Schlüssel zu einer besseren Bildung für uns alle, Erziehende und Lehrende sind keine Einzelkämpfer*innen und wollen es auch nicht sein – wir wollen Zeit, um auf die individuellen Bedürfnisse unserer Mitmenschen einzugehen, liebe Mitstreiter*innen. Mehr Personal und Ausbildungsplätze dürfen zukünftig nicht einfach nur Zahlen auf dem Papier sein und bleiben. Sie stehen für weniger Stress in den Kitas, Klassenzimmern, Hörsälen und sie ermöglichen vor allen Dingen eine dringend notwendige individuelle Unterstützung unserer Kinder, Schüler*innen und Studierenden.
Und lasst mich dazu noch eins klarstellen, liebe Mitstreiter*innen – Ausgrenzung hat in unserer Gesellschaft nichts, aber auch gar nichts verloren! Jeder Mensch, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts und welcher Voraussetzungen verdient die gleichen Chancen! Vielfalt ist Stärke, liebe Mitstreiter*innen, und wenn ich höre, was solche Personen wie Höcke dazu für Gülle von sich geben, dann sage ich ganz klar: Die AFD und ihr Dunstkreis stehen für alles, was wir nicht wollen! – Wir wollen Verbesserungen und Fortschritt, und nicht Rückschritt und Diskriminierung, denn das ist Gift für den sozialen Frieden und unseren Wohlstand, liebe Mitstreiter*innen.
Liebe Anwesende, wir stehen an einem Wendepunkt. Unser Einsatz heute in ganz Deutschland wird die Weichen für die Zukunft stellen. Wir wollen die Bildungswelt von heute für morgen verändern. Gemeinsam können wir eine Bildungslandschaft formen, die gerecht, inklusiv und erfolgreich ist. Lasst uns heute laut und mit erhobenem Kopf durch Halle ziehen. Sorgen wir dafür, dass unsere Forderungen gehört werden. Lasst uns zeigen, dass wir nicht nur über Veränderung reden, sondern bereit sind, sie aktiv zu gestalten und wenn nötig dafür auch wieder auf die Straße zu gehen, liebe Mitstreiter*innen.
Vielen Dank, dass ihr alle hier seid, um Teil dieser Bewegung zu sein. Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam können wir unsere Ziele erreichen. Die Zukunft unserer Bildung hängt von uns ab – und ich bin zuversichtlich, dass wir heute den ersten Schritt machen. Vielen Dank!