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Fachberaterin im Interview

„Die Qualität bleibt auf der Strecke“

Angela Bartz ist seit 2016 als Fachberaterin in verschiedenen Sprachkitas Sachsen-Anhalts tätig. Als Angestellte der Ersten Kreativitätsschule Sachsen-Anhalts e. V. begleitet sie von Wernigerode bis Zeitz 30 Kindertagesstätten im Land und bietet Beratungen und Fortbildungen an. Wir haben uns mit Angela Bartz über die Auswirkungen des Fachkräftemangels in ihrer Arbeit unterhalten.

Liebe Angela, was machst du in deinem beruflichen Alltag?
Ich führe fachliche Beratungen für Kita-Leitungen und Sprachfachkräfte durch. Im Rahmen dieser Tätigkeit biete ich sowohl Team-Fortbildungen als auch Fallberatungen an, je nach den Bedarfen der jeweiligen Kita. Die Inhalte für unsere Fachberatungen sind von 2016 über die Jahre entstanden und haben sich verändert. Zunächst habe ich zusammen mit meiner Kollegin und Fachberaterin Dr. Anna Ifland die Interessen und Bedürfnisse der Fachkräfte erfragt und unsere Arbeit darauf abgestimmt. Im Laufe der Zeit haben wir interessierte Fachkräfte dazu gewonnen und wurden gefragt, ob wir Teamtage oder thematische Dienstberatungen durchführen können. So entstand über die Jahre ein großes Repertoire an Themen.

 

Wird der Fokus dabei eher auf die sprachliche Entwicklung der Kinder gelegt?
Das Konzept der Sprachkita fußt auf vier Säulen. Dazu zählen die altersintegrierte Sprache, die Zusammenarbeit mit den Familien, die Inklusion und die digitale Bildung. Der Begriff beinhaltet also sehr viel mehr als diesen sprachlichen Aspekt. Letztlich geht es hier um eine gesamtheitliche Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen. Wir legen den Fokus also auf die Kita-Qualität.

 

In wie weit kannst du in deiner Arbeit die Aus­wirkung des Fachkräftemangels spüren?

Dass es einen Fachkräftemangel gibt, kann ich ganz konkret spüren. Oft werden Beratungstermi­ne sehr kurzfristig abgesagt, weil die Kita-Leitung oder die Sprachfachkraft aufgrund eines viel zu ho­hen Krankenstandes zur Betreuung in die Gruppe muss. Ich erlebe zu oft, dass sich Kolleg*innen für meine Fortbildungen interessieren, aber aufgrund von Personalmangel niemand geschickt werden kann. Eigentlich arbeiten sowohl die Kitaleitung als auch die Sprachfachkraft verzahnt in diesen Projekten. Oft wird dann aber leider nur eine von beiden Personen zur Weiterbildung entsendet. Das ist sehr schade, weil es nicht der Grundidee eines Tandems im Projekt entspricht.

 

Und wie beeinflusst der Fachkräftemangel die Qualität der Arbeit, die in den Einrichtungen geleistet wird?

Ich kann auf jeden Fall beobachten, dass an der Qualität der Betreuung leider nicht mehr viel ge­arbeitet werden kann – oder zum Teil nur unter sehr großen Mühen. Wenn ich abends zu den Dienst­beratungen komme, sind die Kolleg*innen kaputt und ausgebrannt. Eigentlich sind sie sehr willig, aber einfach zu erschöpft und auf lange Sicht ist da wenig Zuversicht da, dass diese prekäre Situation irgendwie mal besser wird. Und das ist so schade um die pädagogische Arbeit und ganz besonders um die Kinder. Wir Erwachsene sollten doch Vor­bilder sein und Optimismus walten lassen, aber das System bremst uns einfach aus. Wie soll man denn unter diesen Umständen Visionen entwickeln, Spaß an Veränderungen und Kita-Entwicklung ha­ben? Die Qualität bleibt auf der Strecke.

 

Was muss sich im KiFöG ändern, damit sich die Personalsituation endlich bessert?

Wir brauchen einen besseren Personalschlüssel. Wir sollten endlich auch nicht mehr von einem Mindestpersonalschlüssel reden, sondern von der Fachkraft-Kind-Relation. Außerdem benötigen Er­zieher*innen zwingend Freiräume, denn die Zeit für Vor- und Nachbereitung ist für ihre Arbeit ele­mentar; Lehrkräften wird diese ja auch eingeräumt! Kollegialer Austausch ist für eine gute Teamarbeit notwendig, dafür braucht es Zeit. Es muss ebenso Zeit für Elterngespräche geschaffen werden und es müssen Dolmetscher*innen in die tägliche Arbeit mit den Eltern und Kindern integriert werden. Weiterhin muss es Zeit für Teamtage und Fortbil­dungen geben, damit man seine Arbeit reflektie­ren und Neues dazulernen kann. Außerdem sollte es meiner Ansicht nach feste Stellvertreter*innen und Freistellungen für Kita-Leitungen geben. Was mich persönlich sehr ärgert, ist auch die Tatsache, dass die Arbeit in der Sprachkita immer nur als Projektarbeit bewilligt wird. Die Projekte haben eine Laufzeit von zwei, drei Jahren und ich persönlich habe ständig Angst, dass ich meine Arbeit in den Sprachkitas nicht weitermachen kann. Ich plädiere auf eine Verstetigung und ein Recht auf Fachberatung für alle Kitas, weil Fach­beratung wertvolle Arbeit für die Kinder und die pädagogischen Fachkräfte leistet.  

Kontakt
Christiane Rex
Gewerkschaftssekretärin für Information und Kommunikation & Pressesprecherin GEW Sachsen-Anhalt
Adresse Kleiner Berlin 2
06108 Halle (Saale)
Telefon:  0345 204 08 14
Mobil:  0151 578 414 25