Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt
Ein Modellversuch als Rettungsanker gegen den Lehrkräftemangel
Anfang Juli hat das Bildungsministerium in einem Modellprojekt eine 4-Tage-Woche vorgeschlagen. An zwölf Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im Land soll der Unterricht nur an vier Tagen die Woche in Präsenz stattfinden. Sollen mit dieser Methode die Lehrstunden eingespart werden?
Kein Applaus für Frau Feußner!
Anfang Juli hat Sachsen-Anhalts Bildungsministerium als Modellprojekt eine 4-Tage-Woche vorgeschlagen. An zwölf Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im Land soll der Unterricht an vier Tagen in Präsenz stattfinden, ein beliebiger Tag der Woche soll für Praktika in Betrieben oder für digitalen Unterricht genutzt werden. Schulen können freiwillig an diesem Modellversuch teilnehmen und sollen bei der Durchführung mehr Flexibilität bei der Unterrichtsdurchführung und -planung erhalten – das war dem Bildungsministerium wichtig, dies in einer extra Pressemitteilung klarzustellen, da das Medienecho groß und die Darstellung in der Presse laut Bildungsministerium „missverständlich“ war. Kein Wunder, denn wenn man sich mit dem Vorschlag ernsthaft beschäftigt, kann man nur zu der Erkenntnis kommen, dass dieses Modellprojekt mangels fehlender Planung in seiner Durchführung schlichtweg missverständlich ist. An keiner Stelle gibt es konkrete Konzepte oder Anleitungen für die Schulen, teilnehmen kann jede Schule, die auf das Projekt Lust hat. Schülerinnen und Schüler können in einem Schulsystem, dessen Digitalisierung seit der Erfindung des Internets noch immer in den Kinderschuhen steckt, Online-Unterricht ausführen – oder eben nicht. Schülerinnen und Schüler können für einen Tag die Woche kontinuierlich Praktikum betreiben – wenn sie denn in jeder Region ein Unternehmen finden, das bereit ist, sich regelmäßig einmal pro Woche für die Lernenden Zeit zu nehmen. Koordinieren und organisieren dürfen das die Lehrkräfte. Hier fehlt es nicht nur an zuverlässiger Betreuung, es fehlt an Konzepten. So werden doch keine Schulreformen umgesetzt! Noch vor ein paar Monaten wurde diskutiert, ob nicht die wiedereinzuführende Samstagsschule eine Möglichkeit wäre, Corona-Lernlücken nachzuholen, und nun will Sachsen-Anhalts Bildungsministerium einen ganzen Schultag einsparen? Und allem Anschein nach soll massiv eingespart werden – und zwar die Stunden der Lehrkräfte. Das ist vielleicht ein netter Versuch, unseren eklatanten Mangel an Lehrkräften unter den Tisch zu kehren. Und auch auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: Bereits vor 20 Jahren wurde (auch) von der GEW vorgerechnet und prognostiziert, in welchen massiven und bedrohlichen Lehrkräftemangel wir hineinrennen. Hier ist ein ganzes System im Sturzflug! Wir brauchen ganz sicher Reformen, aber dann solche, die auf soliden Stützen stehen. Sollte uns die Zukunft unserer Kinder und nachfolgender Generationen nicht mehr am Herzen liegen? Im Zuge dieser Debatte haben wir uns mit verschiedenen Modellprojekten auseinandergesetzt, die hier vorgestellt und bewertet werden.
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