Lehrkräfte-Seiteneinstieg in Sachsen-Anhalt
Eine Reform ist dringend erforderlich!
Der Seiteneinstieg ist zu einem unverzichtbaren Instrument geworden, um den Personalnotstand an den Schulen Sachsen- Anhalts zu bewältigen. Aber oft gelingt die Integration der neuen Lehrkräfte in den Schuldienst nicht.
Die Quote der Seiteneinsteigenden, die wieder das Handtuch geworfen haben, lag 2022 bei rund 20 Prozent und auch im letzten Jahr verließen 239 Lehrkräfte im Seiteneinstieg den Schuldienst wieder. Dies zeigen die Zahlen des aktuellen Monitorings zum Seiteneinstieg in Sachsen-Anhalt, die im Rahmen einer Kleinen Anfrage (KA 8/1962) durch Thomas Lippmann, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im sachsen-anhaltischen Landtag, erhoben wurden. Lippmann selbst bezeichnet diese hohe Abbrecherquote als einen „Verschleiß an personellen Ressourcen, den sich das Land nicht länger leisten kann“. Außerdem bemängelt er, dass nur noch 61 Prozent der am 31.12.2023 beschäftigten Seiteneinsteigenden einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss besitzen. „Die radikale Absenkung der Anforderungen für den Einstieg in den Schuldienst des Landes spült immer mehr Lehrkräfte in die Schulen, bei denen beim Unterrichten erhebliche Probleme zu erwarten sind“, so Lippmann. Fachlich seien die Seiteneinsteigenden gut gerüstet, es fehle jedoch eine ausreichende didaktische und pädagogische Ausbildung.
Weiterhin zeigen die Zahlen, dass eine starke Ungleichverteilung der Seiteneinsteigenden auf die Schulformen existiert. Während am Gymnasium nur rund fünf Prozent der Lehrkräfte keine vollständig ausgebildeten Lehrkräfte sind, gibt es an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen mit 823 Seiteneinsteigenden mehr als viermal so viele. Seiteneinsteigende an Gymnasien haben zudem einen wissenschaftlichen Hochschulabschluss, an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen sind es nur rund 60 Prozent. „Fast jede vierte Lehrkraft an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen (22,8 Prozent) ist heute schon keine ausgebildete Fachlehrkraft mehr – bei stark steigender Tendenz,“ so Lippmann. Zudem werden die Lehrkräfte im Seiteneinstieg bis zu drei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert als ihre Kolleg*innen. Dies entlastet zwar den Landeshaushalt, ist für die Seiteneinsteigenden jedoch mit ein Grund, den Schuldienst nach kurzer Zeit wieder zu quittieren. „Das System der Lehrkräfte im Seiteneinstieg ist extrem instabil und es bedarf wesentlich größerer Anstrengungen durch die Schulbehörden, wenn diese Kolleg*innen dauerhaft einen qualitativ hochwertigen Beitrag zum Bildungsangebot in unseren Schulen leisten sollen,“ schlussfolgert Thomas Lippmann. Seine Fraktion fordert nun mehr Unterstützung und Entlastung für den Erwerb von Unterrichtskompetenzen in den Einsatzschulen, mehr Qualifizierungsangebote, insbesondere die Zulassung zum berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst auch mit nur einem Fach und realistische Aufstiegsmöglichkeiten für alle Lehrkräfte im Seiteneinstieg im Wege der Feststellung der Bewährung in der Tätigkeit.
Diesen Forderungen schließt sich die GEW Sachsen-Anhalt vollumfänglich an. Denn bisher gibt es kaum Reglementierungen und Instrumente, um die Seiteneinsteigenden gewinnbringend in ihr neues Arbeitsumfeld einzubinden, eine effektive pädagogische Qualifizierung sicherzustellen oder sogar einer Professionalisierung für einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Aus diesem Grund hat die Landesarbeitsgruppe „Seiteneinstieg“ der GEW Sachsen-Anhalt einen Katalog mit neun Forderungen zur Reform des Seiteneinstiegs erarbeitet und kürzlich auch eine Unterschriftenaktion dafür gestartet.
Du bist über den Seiteneinstieg Lehrkraft geworden? Dann vernetze dich mit anderen GEW-Mitgliedern, die den gleichen Weg gegangen sind! Gemeinsam möchten wir Probleme identifizieren, entsprechende Forderungen an die politisch Verantwortlichen stellen, Kolleg*innen Hilfestellung im schulischen Alltag bieten und arbeitsrechtliche Fragen klären.
Du bist herzlich eingeladen, dich in der Landesarbeitsgruppe Seiteneinstieg zu beteiligen! Schreib uns einfach eine E-Mail an seiteneinstieg@gew-lsa.de.
Die GEW Sachsen-Anhalt hat auch eine Broschüre zum Seiteneinstieg erarbeitet und herausgegeben, die du als GEW-Mitglied kostenfrei bei uns anfordern kannst.