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Tor !

Es gibt Saures

Der Magdeburger Kabarettist Lars Johansen verfasst einmal im Monat für unsere Mitgliederzeitung EuW eine Kolumne über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Dieses Mal befasst er sich mit dem Reformationstag und den fehlenden Bildungsreformen.

Früher hieß der Reformationstag noch so und war der höchste Feiertag der evangelischen Christen. Das passt ja eigentlich auch zu Sachsen-Anhalt, dem Kernland der Reformation. Aber selbst in Wittenberg nagelt niemand mehr Thesen an Kirchentore, sondern nur einen leuchtenden Kürbis an die eigene Haustür. Weil das alle so machen. Der Vorteil ist ja, dass an Halloween niemand Reformen verlangt, denn es ist der Vortag von Allerheiligen und da hilft sowieso nur Beten. An einem Reformationstag hingegen könnte es schon mal passieren, dass Reformen geradezu erwartet werden. Und das kann doch keiner ernsthaft wollen. Jugendarbeit oder Schule neu denken, das kommt hier nicht in die Tüte, höchstens ein paar Süßigkeiten, die mansich erbetteln darf. Und wenn man hübsch gruselig verkleidet ist, dann gibt es auch was. Alle rufen „Süßes oder es gibt Saures“, aber damit ist nicht der Etat für die Jugendbildung gemeint, denn der ist vom Bund ja wieder um einige Millionen gekürztworden. Und das ist wirklich gruselig. Vor allem weil auch das Land die Kosten nicht wieder erhöht. Bei einer Jugendfreizeit rechnet man noch immer mit einer Übernachtungspauschale von 40  Euro. Doch wo kann man mit 40 Euro heute noch übernachten? In einem netten Spukschloss oder man erbettelt sich das Geld für eine bessere Unterkunft eben an der Haustür. Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen, früher ein Märchen, heute Realität im Bildungssystem für Lehrende und Lernende. Denn wenn man man etwas lernt, dann das Gruseln. Da ist das ganze Schuljahr Halloween. Geistreich bedeutet heute eben etwas ganz anderes als noch vor 30 oder 40 Jahren. Heute toben die Geister durch die Straßen und je mehr es sind, um so geistvoller geht es zu. Früher gab es nur ein Schulgespenst und das auch nur im Film. Jetzt bin ich mir da nicht so sicher, ob es nicht mittlerweile ein paar mehr gibt. Die Geister, die ich rief, die werd‘ ich nicht mehr los, und wer weiß schon, ob der leuchtendeKürbiskopf da unten nicht mal einem Bildungspolitiker gehört hat, der nun als kopfloser Reiter von der traurigen Gestalt den Reformationstag sucht.

Aber was weiß ich schon, ich bin ja nur ein Tor.