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Kinder- und Jugendliteratur-Tipp

Fred und ich

Wir verlosen einmal „Fred und ich“. Sende zur Teilnahme bis zum 15. November eine Mail mit deiner Mitgliedsnummer und dem gewünschten Gewinn an klar(at)gew-lsa(dot)de.
 

Anni hat eine ungewöhnliche Morgenroutine – ein eiskaltes Bad in einem zugefrorenen See, der etwas außerhalb des Ortes liegt, in dem sie lebt und für gewöhnlich (nach dem morgendlichen Bad) zur Schule geht. Ihre einsameGewohnheit wird jedoch durch die Begegnung mit dem geheimnisvollen, ca. gleichaltrigen Fred auf den Kopf gestellt. Als sie ihm das erste Mal in dem Café seiner Tante begegnet, fühlt sie sich, als hätte sie der Blitz getroffen. 

Das schmale Buch nimmt sich trotz seiner Kompaktheit die Zeit, um die zarten Bande zwischen Anni und Fred zu knüpfen, die durch ihre individuellen Tragödien miteinander verbunden zu  sein scheinen. Anni trauert um ihren verstorbenen Onkel Franz und kämpft mit ihren Ängsten, während Fred mit den Herausforderungen seiner trans Identität in einem ihn oft missverstehenden Umfeld konfrontiert ist.

Lena Hach präsentiert diese zarte Geschichte mit viel Sensibilität und Einfühlungsvermögen. Und gleichzeitig ist es beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit sich die Beziehung zwischen den jungen Protagonist*innen entwickelt. Die Autorin vermeidet es dabei geschickt, in Klischees zu verfallen und zeichnet stattdessen sehr authentische Charaktere und einen mitreißenden Handlungsverlauf.

Freds Transgeschlechtlichkeit wird in seinen Facetten dargestellt und die Geschichte konzentriert sich auf das gegenseitige Verständnis, die Annäherung und das Entdecken erster intensiver Gefühle der jugendlichen Protagonist*innen zueinander. Jedoch werden auch Erschwernisse des Umfelds gezeigt, wie seine Tante, die die leider realistische Rolle derer einnimmt, die sich „so schwer auf Transidentitäten einlassen können“ und sich dagegen sträubt, ihr sprachliches Vokabular zu erweitern. Die Dialoge und kleinen Szenen zwischen Anni und Fred bilden eine eigene kleine Welt, die von Respekt, Vertrauen und Freundschaft geprägt ist. Annis Charakter wird von Lena Hach ziemlich natürlich entwickelt – sie recherchiert z. B., was es bedeutet trans* zu sein und reflektiert ihre eigenen Fehler und Unsicherheiten, die ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Geschlechtsidentität betreffen.

Als ich das Buch zur Seite lege, geht es mir gut. Es könnte auch im „echten“ Leben alles so einfach sein – wenn doch nur mehr Menschen so ticken würden wie Anni. Es ist vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der Anni Freds Transgeschlechtlichkeit sieht und sich dafür interessiert, die mich nachdrücklich beeindruckt hat. Aber warum fällt mir diese Selbstverständlichkeit so sehr auf? Wahrscheinlich, weil queere und transgeschlechtliche Menschen aktuell eben noch nicht darauf vertrauen können, dass sie als die Personen angenommen werden, die sie sind und nach wie vor auf verschiedenen Ebenen diskriminiert werden.

„Fred und ich“ beweist, dass auch kurze Bücher eine nachhaltige Wirkung bei den Leser*innen hinterlassen können. Es ist eine einfühlsame Erzählung über Selbstfindung, Verlust und die Schönheit von menschlichen Verbindungen, die Leser*innen ab 11 Jahren anspricht. Hinweis: Auf der Seite des Verlages ist zu diesem Buch auch ein Unterrichtsmaterial für den Einsatz in den Klassen 5 bis 7 erhältlich. 

Lena Hach: Fred und ich; Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg, 2023; ISBN: 978-3-407-75719-7; Preis: 12,00 €, 94 Seiten; Altersempfehlung: ab 11 Jahre