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Filmtipp

Kannawoniwasein!

Kannawoniwasein-Bild 9T3/3

Nach dem mehrfach prämierten Buch von Martin Muser (2018), dem Hörbuch (2018, gelesen von Stefan Kaminski) und Hörspiel (2019, Regie: Judith Lorentz) kommt im August die Verfilmung zu Kannawoniwasein! in die deutschen Kinos, die DER Sommerfilm des Jahres für Kinder und Erwachsene werden könnte. 

Manchmal muss man einfach verduften, denn Finn ist von seinem Vater ziemlich genervt: Anstatt mit ihm den geplanten Ferienausflug zu machen, hat der einen wichtigen Cateringauftrag und schickt Finn – holterdipolter – zur Mutter nach Berlin, die – so zumindest Finns Unterstellung – auch keine Zeit für ihren Sohn hat. Was Finn nicht ahnt: er wird gar nicht in Berlin ankommen, sondern in kürzester Zeit mit dem Mädchen Jola einen Roadtrip mit Traktor durch das Brandenburger Land mit skurrilen Bekanntschaften erleben.

Vergleichbar mit Emil aus Emil und die Detektive (Kästner 1929) wird der zehnjährige Finn auf der Zugfahrt nach Berlin bestohlen: Fahrkarte und Handy sind weg und zu allem Überfluss glaubt ihm die Schaffnerin nicht und lässt ihn von der Polizei abholen. Auch die Polizisten erweisen sich nicht als souverän. Bei einem Unfall zwischen dem Polizeiauto und einem Lieferwagen haut er mit der selbstbewussten Jola, die im Lieferwagen mitfuhr, ab.

Während sie im Buch beschließen, zu Fuß in die „Tzitti“ (= Berlin) zu laufen, ist Jolas Ziel hier das Meer. Finn stimmt dem Plan in dem Moment zu, als er sich von seiner Mutter vergessen fühlt. Als sie bald einen alten Traktor finden und kurzschließen und ihren Weg so auf Rädern fortsetzen, beginnt ein turbulenter Roadtrip: Sie treffen auf Wölfe, schlafen auf einem Hochsitz und begegnen sehr unterschiedlichen, überzeichneten Erwachsenenfiguren, die Stefan Westerwelle (Regie) im Vergleich zum Buch noch erweitert hat. Dabei fehlen auch die zwei nackten Dän*innen nicht, die den Traktor wieder aus dem Graben ziehen – eine der witzigsten Szenen bereits im Buch. Und irgendwann begegnen sie auch dem Dieb aus dem Zug wieder – Gelegenheit für die Kinder, Gerechtigkeit wiederherzustellen. Ob sich dann auch noch Jolas Wunsch erfüllt, das erste Mal am Meer zu sein?

Stefan Westerwelle überführt die Geschichte der beiden Ausreißer*innen gekonnt ins Audiovisuelle, erweitert die Anzahl der Erwachsenen, denen Finn und Jola begegnen und besetzt Figuren, die im Buch männlich sind, weiblich – am auffälligsten bei dem/der Anführer*in der Motorradgang namens Hackmack, gespielt von Leslie Malton, die sich als großspurige Rockerin mit Herz und Sinn für Gerechtigkeit zeigt. Miran Selcuk (als Finn) und Lotte Engels (als Jola) als Kinderdarsteller*innen wirken souverän in ihren Rollen. Lotte Engels zeigt sich als schlagfertige Jola, die gern blufft, um ihre Ziele zu erreichen. Miran Selcuk überzeugt mit glaubhaften Darstellungen der vielfältigen, oft widersprüchlichen Gefühlslagen seiner Figur.

Neben den Figuren sind es auch die weiten Landschaftsaufnahmen in Kombination mit der Filmmusik, die den Film auszeichnen. Mit wenig Schnitten aus der Distanz beobachtet man den Traktor auf seiner Fahrt durch die Felder des Brandenburgischen Landes und genießt mit den Ausreißer*innen den Fahrtwind oder spürt fast andächtig der Stille der Nacht nach, als die Kinder in einem Jägerstand übernachten und einen Wolf entdecken. Dies wird entsprechend mit einer ruhige Musik untermalt.

Die Zuschauer*innen erwartet demnach zum einen ein kurzweiliger Roadtrip mit spritzigen Dialogen zwischen den Kindern und den Erwachsenen und humorvollen Typen. Zum anderen bietet der Film aber auch durch die Landschaftsporträts einen Blick in die Weite und die Freiheit, die die Protagonisten fühlen. Damit ist für Klein und Groß etwas dabei.

 

Kinostart: 17. August 2023
FSK: ab 6 Jahre
Link zum Trailer