Kinder- und Jugendliteratur-Tipp
Martin & Jack. Von Hundebesitzern, Katzenjägern und der Suche nach dem Glück
Wir verlosen ein Exemplar von „Martin & Jack“. Sende zur Teilnahme bis zum 5. Mai 2025 eine Mail mit dem Buchtitel und deiner Mitgliedsnummer an klar(at)gew-lsa(dot)de.
Womit man bei Frida Nilssons Roman rechnen kann: sprechende Hunde, die selbstverständlich in die Gesellschaft integriert sind, eine Reise mit unbestimmtem Ziel, viele Begegnungen, die mal glücklich und mal weniger glücklich ausgehen und Figuren, die nicht einfach einem Gut-Böse-Schema zuzuordnen sind. So wird der Abenteuerroman, der im Jahr 1910 in Schweden spielt, auch für die Lesenden zu einer Reise in eine andere Zeit und Welt.
Zunächst begegnen wir dem alten, einäugigen Hund Jack, der gebildet ist, gern Zeitung liest und für die Rechte der Hunde eintritt. Als er vom Hof geworfen wird, schließt sich Martin an, der als Kind adoptiert wurde, sich aber nichts mehr wünscht, als seinen leiblichen Vater zu finden. Im Verlauf des ersten Teils der Geschichte nehmen sie noch Lonna und Ruffe auf, zwei Hunde, die sich Jack anschließen wollen. Doch es kommt anders als gedacht, denn Jack wird von der Polizei gesucht. Am Ende des ersten Teils wird Jack verhaftet und ins Zuchthaus für Hunde gesteckt, während die anderen sich zur Villa Solsäter aufmachen, wo armen Hunden ein Obdach geboten wird.
Dort angekommen, stellen sie fest, dass es hier wenig idyllisch ist, eher ein Sammelplatz für Ganoven. Martin gerät an die falschen Leute oder besser gesagt Hunde, die ihn erpressen, bei ihren Diebstählen den Lockvogel zuspielen. Als er durch Zufall eines Nachts den Namen seines Vaters erfährt, ist er schnell auf und davon. Doch was wird aus Jack und den anderen?
Sehr eindrücklich kreiert die Autorin das Bild einer doppelt verfremdeten Welt. Zunächst sind die Zustände von 1910 anders als heute (z. B. ist die Zeitung das wichtigste Medium für Nachrichten), dazu kommen die sprechenden Hunde, die offenbar als zweite Gesellschaft integriert zwischen und mit den Menschen leben, mitunter auch ausgenutzt werden oder selbst andere betrügen. Trotz der Unterschiede zeigt sich, dass die Themen und Probleme ähnlich wie heute sind: die Suche nach der Familie oder der eigenen Identität, die Frage, wem man vertrauen kann und die Freundschaft, die sich besonders zwischen Martin und Jack entwickelt. Dabei wechselt die Autorin zwischen Beschreibungen, die mit wenigen Worten und bildhaften Vergleichen ganze Szenerien anschaulich hervorrufen und lebendigen Dialogen, die gespickt sind von Sprachwitz und Variantenreichtum. Besonders Lonnas Dialekt wurde kongenial übertragen, wenn sie z. B. sagt: „Unnerm Küchentüsch“ (S. 41) – eine starke Leistung der Übersetzerin Friederike Buchinger.
Die Figuren sind im Buch teilweise ambivalent und mit psychologischer Tiefe gezeichnet, sodass man beim Lesen mitunter überrascht über die Wendungen ist. Dennoch kann man sagen, dass Martin oft Glück hat und das Schicksal ihm, auch wenn er oder seine Freunde in großer Not sind, immer wieder gewogen ist.
So entsteht ein wunderbarer Abenteuerroman über Schweden in einer vergangenen Zeit mit interessanten Figuren, großen Spannungsbögen und witzigen Dialogen, aber auch einer nachdenklichen Tiefe über die eigene Identität und was diese ausmacht. Daher bekommt das Buch meine unbedingte Lese- und Vorleseempfehlung.
Frida Nilsson/Torben Kuhlmann (Ill.)
Martin & Jack. Von Hundebesitzern, Katzenjägern und der Suche nach dem Glück
Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger
Hildesheim: Gerstenberg, 2024
ISBN: 978-3-8369-6276-6
Preis: 22,00 €, 376 Seiten
Altersempfehlung: ab 11 Jahre