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GEW-Mitglieder im Fokus

Mike Litschko: Kämpferischer Gestalter

Mike Litschko ist Leiter und Lehrer an der Geschwister-Scholl-Grundschule in Thale, Chef des GEW-Kreisverbandes Harz und gewählter Vertreter im Bezirkspersonalrat in Magdeburg. Mit ganzem Einsatz wirft er sich für bessere Arbeits- und Lernbedingungen in die Bresche.

Der Auftakt der Begegnung mit Mike Litschko verläuft augenzwinkernd: Weil der 56-Jährige in der Tat die Statur eines Schwergewichtsboxers besitzt, flachsen wir ein wenig über die Beinahe-Namensgleichheit und seine äußerliche Ähnlichkeit mit den berühmten ukrainischen Faustkampf-Brüdern. „Wissen Sie, so ’ne imposante Statur ist manchmal gar nicht schlecht für einen Grundschullehrer“, sagt er lachend und präzisiert: Wenn man unter den Schüler*innen seiner Schule frage, welche Lehrkraft am strengsten sei, laute die Antwort: Herr Klitschko! Und bei wem sie am liebsten Unterricht haben würden? Herr Klitschko! „Kinder brauchen Regeln und Grenzen, schätzen diese letztendlich sogar“, erläutert der gebürtige Halberstädter seine Sichtweise. „Jene Schüler, denen ich während ihrer Schulzeit mit meinem Anspruch auf Einhaltung bestimmter Grundregeln vielleicht am meisten auf den Wecker gefallen bin, sind heute die, die am schnellsten und enthusiastischsten von der anderen Straßenseite grüßen und hinüberwinken.“

Ach, und apropos Boxen: Mike Litschkos sportliches Betätigungsfeld ist weniger im Seilgeviert, als vielmehr auf der Judo-Matte verortet (gewesen) – und auf eine eigentümliche Weise auch der Ursprung seines bis heute an den Tag gelegten ehrenamtlichen Engagements. Genau dieses habe im Judoverein in Blankenburg, wo er seine Jugendjahre verbrachte, seinen Ausgang genommen: „Ich war dort äußerst aktiv, habe als sehr junger Mensch und gemeinsam mit anderen den Verein sogar vor dem Untergang gerettet“, erzählt Litschko, der an seiner Schule zudem mit der Organisation der außerschulischen Nachmittagsveranstaltungen betraut worden war.

Dieses Etwas-Gestalten-Wollen liege ihm also gewissermaßen im Blut und könne er heute an gleich mehreren Stellen ausleben – ganz direkt und zuallererst als Schulleiter: „Mein Handeln hat unmittelbare Auswirkungen auf den Arbeitsalltag und die Stimmung unseres Lehrerteams, so dass ich meine Aufgabe nicht zuletzt darin sehe, bestimmte Dinge, die den Kolleg*innen unnötig Energie rauben würden, abzupuffern oder ein Stück von ihnen fernzuhalten“, sagt Litschko etwa mit Blick auf den – anfangs auch von ihm unterschätzten – Bürokratie-Wust, kurz: Papierkram.

Das Gestalten-Wollen durchzieht natürlich auch seine ehrenamtliche Tätigkeit für die GEW, der er seit 1996 angehört, in der er bereits im Jahr 2000 zum Kreisvorsitzenden in Halberstadt aufstieg und wo er heute in gleicher Funktion, aber nun für die Großregion Harz mitsamt Wernigerode und Quedlinburg zuständig, noch deutlich mehr Verantwortung innehat. Und natürlich ist auch der Lehrerbezirkspersonalrat, in dem Litschko seit 2018 mitarbeitet, ein nachgerade idealtypisches Betätigungsfeld für einen Macher wie ihn, für jemanden, der tatsächlich etwas bewegen will. „Die Personalratsarbeit wirkt ja ganz unmittelbar – etwa, wenn wir die zu niedrige Eingruppierung und Vergütung einzelner Kolleg*innen monieren und den Betreffenden erfolgreich zu ihrem Recht und einer für sie direkt spürbaren Verbesserung verhelfen“, schildert Mike Litschko. Und es ginge ja nicht nur um derlei formaljuristisch- verwaltungstechnische Belange, sondern auch um die wirkliche Arbeit am Menschen. „Man hat eine Vertrauensstellung inne, der gerecht zu werden mir große Befriedigung verschafft. Wenn mich Leute also auch nach Feierabend zu Hause anrufen und um Rat und Hilfe bitten, nehme ich das als etwas Positives und keineswegs als etwas Nerviges oder Belastendes wahr.“ Die Themen, die den Gewerkschafter und seine Mitstreiter*innen umtreiben, stellen keine große Überraschung dar: der allfällige Personalmangel, die daraus resultierenden ständigen Wechsel anstelle der erwünschten Kontinuität – „Wir haben schon den siebenten oder achten Stundenplan in diesem Schuljahr“ –, die Anerkennung von Arbeitszeiten für Klassenleitertätigkeiten oder für die Arbeit mit Inklusionskindern, die Wiedereinsetzung der Deputat-Reduzierung für ältere Kolleg*innen, ein wirklich sinnvolles und nachhaltiges Ausbildungs- und Einstellungsmanagement. „Ich glaube, wir haben jetzt die Spitze in Sachen Schülerzahlen gesehen – ein Phänomen, das man kurzfristig mit der Ad-hoc-Verpflichtung zahlreicher Seiteneinsteigenden in den Griff zu bekommen versuchte, nachdem man jahrzehntelang die kontinuierliche Einstellung von Nachwuchskräften versäumt hatte. Jetzt sehe ich die Gefahr, dass in zwei Jahren die frischen Absolventen Taxi fahren müssen, weil man von dem einen Extrem, dem jahrelangen Mangel, ins andere Extrem, einem sich womöglich bald schon abzeichnenden Überhang, gefallen ist“, erläutert Mike Litschko.

Ganz besonders am Herzen liegt ihm freilich die Entwicklung von Konzepten für Ganztagsschulen. „Wir müssen endlich begreifen, dass Schule keine reine Wissensanstalt mehr ist, sondern vielmehr ein sozialer Ort, wo man sich im Miteinander und ganzheitlich entwickeln können soll, und zwar hinsichtlich aller in der Welt von heute und morgen gefragten Kompetenzen.“