GEW-Mitglieder im Fokus
Elke Noah: Mut zu Entscheidungen gefragt
Die Magdeburgerin Elke Noah engagiert sich für bessere berufliche Rahmenbedingungen – und für innovative Weiterbildungsformate in Lehrerkreisen.
Ihre Prägung in Sachen Beruf hat Elke Noah schon früh erhalten. „Meine Mutter war eine leidenschaftliche Grundschullehrerin, und ich wollte es ihr unbedingt nachtun“, erinnert sich die Magdeburgerin. Schon als Fünf- oder Sechsjährige habe sie ihren Teddys Schulmappen verpasst und dann mit ihnen Unterricht nachgespielt.
Eigentlich eine Laufbahn als Sport- und Englischlehrerin im Sinn habend, war Elke Noah in der DDR zunächst nicht zum Abitur zugelassen worden. Um dennoch in ihrem Wunschberuf landen zu können, ließ sie sich auf den Kompromiss ein, auf die händeringend gesuchte Fächerkombination Mathe/Physik auszuweichen. Nach vier Jahren Studium an der TH Magdeburg („Ich musste mich da echt durchbeißen“) trat die jetzt 58-Jährige in ihrer Heimatstadt ihre erste Stelle an – an jener Schule übrigens, die bis heute ihre Wirkungsstätte geblieben ist, wenngleich diese längst nicht mehr als Polytechnische Oberschule „Fritz Rödel“, sondern nunmehr als Gemeinschaftsschule „August Wilhelm Francke“ firmiert. „Ich gehöre hier zum Inventar“, sagt Elke Noah, inzwischen Schulleiterin, lachend.
Auch wenn sie dank ihrer Fächerkombination vor den allergrößten politischen Zudringlichkeiten gefeit blieb – „Zwei mal zwei ist vier – egal welche Fahne draußen hängt“, habe ihr Vater, ein Ingenieur, immer gesagt – spürte sie bald die Enge des Systems der DDR-Volksbildung. „Die Wende und die Aufbruchstimmung nach 1989 waren cool“, sagt die Pädagogin, die seitdem und bis heute jede sich bietende Chance zur Weiterbildung genutzt hat und eben neu- und wissbegierig geblieben ist. Sie erwarb beispielsweise nicht nur das Montessori-Diplom („Ich wollte über den eigenen Tellerrand hinausschauen“), sondern eignete sich auch jede Menge digitale Kompetenzen an. Erst jüngst organisierte Elke Noah, die ein großer Fan des „Twitter-Lehrerzimmers“ oder solch innovativer Unterrichtsmethoden wie beispielsweise des „EduBreakout“ ist, an ihrer Schule ein Barcamp „Bildung in der Kultur der Digitalität“ für gleichgesinnte Lehrerkollegen aus ganz Deutschland. „Ich mag dieses besondere Format, weil bei einem Barcamp jeder Teilnehmende auch ein Teilgebender‘ ist und sich mit einem eigenen Impuls und Beitrag in die Debatte einbringt“, unterstreicht die Aktivistin.
Ein Punkt, der ihr immer besonders wichtig gewesen sei: „Ich wollte nie bloß Wissensvermittlerin sein, mehr noch: Ich halte die Beziehungsarbeit mit den Schüler*innen im Grunde für den fast noch wichtigeren Part“, sagt die Magdeburgerin bestimmt. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es Menschen gut gehen muss, damit sie gute Leistungen erbringen.“ Was keineswegs ausschließe, dass sie nicht auch Forderungen an ihre Schützlinge richte und Ansprüche stelle – „Es geht eben gerade nicht um eine falsch verstandene ‚Kuschelpädagogik‘“. Ihre fest verankerte Grundhaltung bilde sich letztlich auch in ihrem Engagement in der GEW ab. „Gerade haben wir die Debatte um die zwei Stunden ‚Altersermäßigung‘ beim Lehrdeputat, die statt wie früher ab 60 nun erst ab einem Lebensalter von 62 gewährt werden sollen. Ich halte das für absolut kontraproduktiv. Wir sollten doch gerade zusehen, dass auch die älteren Kolleginnen und Kollegen möglichst lange die Kraft und die Energie behalten, mit den Jugendlichen zu arbeiten – gerade in Zeiten des Lehrkräftemangels.“ Was ihr das Stichwort gibt, auch das hochgradig regulierte, umständliche und mitunter das genaue Gegenteil vom eigentlich Gewünschten erreichende Einstellungsverfahren kritisch zu hinterfragen. „Das mag vor 20 Jahren seine Berechtigung gehabt haben, doch in einer Mangelsituation wünsche ich mir deutlich pragmatische Lösungen – manchmal vielleicht auch einfach schlicht mehr Mut zu Entscheidungen: Wenn wir hier an unserer Gemeinschaftsschule einen Referendar haben, der tatsächlich bei uns bleiben will – und wir ihn gern behalten wollen – was braucht es dann noch?“, fragt Elke Noah rhetorisch.
Generell gelte mit Blick auf ihr Engagement in der GEW, dass es, beispielsweise bei Streiks, gar nicht so sehr um mehr Geld, sondern um bessere, unterstützendere Rahmenbedingungen für das eigene berufliche Wirken und damit letztlich um das Wohl der einem anvertrauten Schützlinge ginge – all die Debatten um Gemeinschaftsschule und gemeinsames Lernen eingeschlossen. „Wir unterschätzen ganz krass, in welchem Maße Kinder trotz unterschiedlicher Ausgangsvorraussetzungen voneinander lernen können und wie wichtig auch die soziale Mischung ist“, betont Elke Noah und lässt erkennen, dass ihr Platz nicht zufällig genau an einer solchen Einrichtung ist.
„Ich bin mehr so eine Art fröhliche Kämpferin im Tun, als dass ich jetzt die großen flammenden Appelle äußere“, lautet ihre Selbsteinschätzung als „ganz gewöhnliches Gewerkschaftsmitglied“, wie sie vielleicht ein wenig tiefstapelt.
Mit dem Begriff Work-Life-Balance kann die Mutter zweier erwachsener Söhne übrigens recht wenig anfangen. „Das klingt immer so nach: da die fürchterliche Arbeit, dort das eigentliche Leben. So ticke ich nicht.“ Wie sie denn ihre Akkus auflade? „Ich lese gern – und der allsommerliche Segeltörn mit meinem Mann auf der Müritz ist mir absolut heilig.“