Rattensommer

Die Kleinstadt versinkt in der trägen Hitze der Sommerferien und Sonny und Lou haben ihren gemeinsamen Ort: das verlassene Schwimmbad, das mit leeren Becken ein geheimnisvoller Treffpunkt ist, während die anderen Menschen der Kleinstadt eher im neuen Badeparadies oder im See der Hitze zu entkommen versuchen. Doch dann ist alles anders, weil Hagen Bender, ein stadtbekannter Trinker, wieder auf freiem Fuß ist. Vor fünf Jahren hat er Sonnys Mutter getötet; nicht absichtlich, aber das ist für Sonny egal. Schwer traumatisiert kann sie nun nur noch an Rache denken und die alte Sonny, mit der Lou gerade eine neue Form der Intimität zu entdecken meinte, ist plötzlich wie weggeblasen. Stattdessen ist Sonny besessen von dem Gedanken, Hagen Bender zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen. Und dafür schreckt sie auch vor nichts zurück. So zerbricht die Freundschaft unter dem Eindruck eines viel zu heißen Sommers und Lou muss lernen, eine selbst- und vollständige Person zu sein; auch um Sonny wirklich helfen zu können.

Juliane Pickel erzählt eine Geschichte, die schwer und träge daherkommt, wie der Sommer, von dem sie erzählt. Nicht nur Sonnys Leben ist schwierig, das eigene Trauma und das des Vaters beeinträchtigen sie sehr. Auch Lous Eltern leiden am pränatalen Tod ihres ersten Kindes und Lou scheint diesen Verlust immer wieder auch selbst mit verantworten zu müssen. Diese starken psychischen Leiden werden in der Handlung auf die Tristesse einer Kleinstadt projiziert, die selbst in einer seltsamen Gemengelage aus Heimeligkeit und Verwesung zu stecken scheint. Symbolreich und doppeldeutig lässt Juliane Pickel ihre Ich-Erzählerin Lou durch diesen Sommer gehen, der endlich immerhin eine gewisse Befreiung bietet und Lou zu sich selbst kommen lässt. Ein beeindruckendes Buch – nachdrücklich zu empfehlen!