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Neue Modelle zur Unterrichtsorganisation

Regierung beantwortet Kleine Anfrage

Mit dem Beschluss (Drs. 8/818) hat der Landtag die Landesregierung mit der Erprobung neuer Modelle zur Unterrichtsorganisation an ausgewählten Schulen des Landes beauftragt. Diese Erprobung soll vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) nach pädagogischen, schulorganisatorischen und lernpsychologischen Gesichtspunkten begleitet und evaluiert werden. Parallel soll geprüft werden, welche schul- und arbeitszeitrechtlichen Voraussetzungen für die Übernahme der Modelle in den Regelbetrieb der Schulen geschaffen werden müssen, wobei die neuen Modelle nicht zu einer Arbeitszeiterhöhung der Lehrkräfte führen dürfen.

Zur Umsetzung des Beschlusses wurden die Schulleitungen aller Sekundar- und Gemeinschaftsschulen in einem Schreiben des Bildungsministeriums vom 23. März 2022 aufgerufen, ihr Interesse an der Erprobung neuer Unterrichtsmodelle zu bekunden. In Rede stehen dabei offenbar Unterrichtsmodelle für Unterrichtssequenzen von 40+5 Minuten bzw. von 80+10 Minuten sowie Modelle für einen festen Wechsel von Präsenz- und Distanzlernen (80 v. H. und 20 v. H.) in einer 4+1-Tage-Woche.

Die folgende Kleine Anfrage hat Thomas Lippmann, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, an die Landesregierung gestellt:



Antwort der Landesregierung – erstellt von dem Ministerium für Bildung
 

Im Ausschuss für Bildung des Landtages von Sachsen-Anhalt fand am 10.02.2022 eine öffentliche Anhörung zum Thema „Aktuelle Unterrichtsversorgung im Land“ (ADrs. 8/BIL/6) statt. Hier wurde der Schulleiterin der Ganztags-und Gemeinschaftsschule „G. E. Lessing“ Salzwedel die Möglichkeit gegeben, ihr im Rahmen des Ganztags entwickeltes und bereits praktiziertes Unterrichtsorganisationsmodell 80/10 vorzustellen. Darüber hinaus konnte der Schulleiter der Sekundarschule „Am Burgtor“ Aken seine Überlegungen zum 40/5 Modell darlegen.

Im Ergebnis der Landtags-Debatte vom 24.02.2022 zur „Erprobung neuer Modelle der Unterrichtsorganisation an den Schulen in Sachsen-Anhalt“ wurde mit Landtags-Beschluss vom 24.02.2022 (Drs. 8/818) das Ministerium für Bildung beauftragt, bereits im Schuljahr 2022/2023 neue Unterrichtsorganisationsmodelle an ausgewählten Schulen zu erproben.

Die Landesregierung ist somit gehalten, den Beschluss des Landtages kurzfristig umzusetzen.

Das Ministerium für Bildung hat sich gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) und dem Landesschulamt (LSchA) am 23.03.2022 mit einem Aufruf an die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen gewandt, sich an diesem Modellversuch zu beteiligen. Die Schulen wurden gebeten, bis zum 01.07.2022 eine Interessenbekundung abzugeben. Am 03.05.2022 und 09.06.2022 wurden Informationsveranstaltungen bzw. Workshops hierzu durchgeführt. Die Konzepterstellung und weitere fachliche Ausgestaltungen sollten im Nachgang erfolgen.

Wie viele Interessenbekundungen gab es und welche Schulen wurden für die Erprobung welcher Unterrichtsmodelle ausgewählt?

Antwort: Bis zum Stichtag 01.07.2022 haben zwölf Sekundar- und Gemeinschaftsschulen eine Interessenbekundung abgegeben. Eine Auswahl oder eine Zuordnung zu einem Unterrichtsmodell wurde in dieser Phase nicht vorgenommen. Einige Schulen haben ausdrücklich darum gebeten, sich in diesem Projektstadium noch nicht auf ein Unterrichtsorganisationsmodell festlegen zu müssen. [...]

Das Schreiben des Bildungsministeriums an die Schulleitung vermittelt den Eindruck, dass es allein Sache der Schulleitungen sei, eine entsprechende Interessenbekundung für die Teilnahme ihrer Schule an der Erprobungsphase abzugeben. Ist dieser Eindruck zutreffend und wenn ja, wie wird begründet, dass es allein Angelegenheit der Schulleitung sein könne, ohne Beschluss der Gesamtkonferenz und ohne Votum des Schulpersonalrates eine so weitreichende Entscheidung zu treffen?

Antwort: Der beschriebene Eindruck des Fragestellers ist unzutreffend. Das Schreiben des Ministeriums für Bildung vom 23.03.2022 wurde an die Schulleitungen im Sinne des § 26 Schulgesetz LSA adressiert. Einige interessierte Schulleitungen haben bereits zu den beiden o. g. Einführungsveranstaltungen weitere Kolleginnen und Kollegen hinzugezogen. Die Beteiligung des gesamten Lehrkörpers, der relevanten Gremien und Interessenvertretung, weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Schulen erfolgt schrittweise im Rahmen der Konzepterstellung.

Wie vielen der Interessenbekundungen lag ein Beschluss der Gesamtkonferenz zugrunde? In wie vielen Fällen gab es Voten der Schulpersonalräte? Werden von den Schulen, die ihre Interessenbekundung ohne Beschluss der Gesamtkonferenz und ohne Votum des Schulpersonalrates abgegeben haben, diese nachgefordert?

Antwort: Derartige Beschlüsse und Beteiligungen waren in der ersten Informations- und Orientierungsphase nicht erforderlich. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.

Im Schreiben des Bildungsministeriums an die Schulleitungen ist die Rede davon, dass mit den teilnehmenden Schulen gemeinsam schul- und arbeitsrechtliche Voraussetzungen festgelegt und erprobt werden sollen. Auf welcher rechtlichen Grundlage soll diese Festlegung und Erprobung erfolgen? Um welche konkrete schul- und arbeitszeitrechtliche Voraussetzungen handelt es sich dabei und wer soll diese Festlegung treffen? Welche Rolle wird dabei dem Ausschuss für Bildung des Landtages, den Gewerkschaften und den Stufenvertretungen im Bereich des Bildungsministeriums zugemessen?

Antwort: Das Modellprojekt befindet sich gegenwärtig in einer frühen Konzeptphase. Aufgrund des Arbeitsstandes können noch keine Aussagen zu diesen Fragestellungen gemacht werden.
Es wurde jedoch von vornherein festgelegt, dass die neuen Unterrichtsmodelle ausdrücklich nicht zu einer Arbeitszeiterhöhung der Lehrkräfte führen.
Den genannten Gremien wird eine hohe Bedeutung beigemessen. Das Ministerium für Bildung wird sie bei Bedarf über den jeweiligen Projektfortschritt unterrichten.
Gemäß Ziffer 2 des o. g. Landtags-Beschlusses wird das Ministerium für Bildung nach dem Schuljahr 2022/2023 über die ersten Ergebnisse im Ausschuss für Bildung berichten.

Durch wen erfolgt die Prüfung der ggf. zu ändernden schulund arbeitszeitrechtlichen Voraussetzungen für die Übernahme der Modelle in den Regelbetrieb der Schulen und bis wann soll diese Prüfung erfolgen?

Antwort: Der Landtag hat das LISA beauftragt, die modellhafte Erprobung neuer Unterrichtsorganisationsmodelle nach pädagogischen, schulorganisatorischen und lernpsychologischen Gesichtspunkten zu begleiten und zu evaluieren. Die gewonnenen Erfahrungen zu alternativen Unterrichtsmodellen sollen vom LISA mit den Schulleitungen und dem LSchA auf Übertragbarkeit in den schulischen Regelbetrieb überprüft werden. Die finale schulfachliche Prüfung und Entscheidung über die Einführung neuer Unterrichtsmodelle trifft das Ministerium für Bildung. Notwendige schulrechtliche Änderungen obliegen der parlamentarischen Zustimmung und arbeitsrechtliche Entscheidung dem Ministerium der Finanzen.

In welcher Weise soll überprüft und sichergestellt werden, dass es durch die Erprobung neuer Unterrichtsmodelle zu keiner Arbeitszeiterhöhung für die Lehrkräfte kommt? Wie soll die Erfassung der Arbeitszeit durchgeführt werden und welche Kerngrößen (z. B. Unterrichtszeit vor der Klasse bzw. Lerngruppe, Vor- und Nachbereitung, Betreuung und Beaufsichtigung, Elternarbeit) werden der Messung und Analyse der arbeitszeitrechtlichen Belastung zugrunde gelegt?

Antwort: Siehe Antworten zu Frage 4 und 5.

In welcher Weise wurde das Vorhaben im Vorfeld mit den Lehrerbezirks- und dem Lehrerhauptpersonalrat erörtert? In welcher Weise werden die Stufenvertretungen der Schulen in die Begleitung und Evaluation der Erprobung der neuen Unterrichtsmodelle einbezogen?

Antwort: Siehe Antwort zu Frage 4.

In welcher Weise wurde das Vorhaben im Vorfeld mit dem Landeselternrat, dem Landesschülerrat und dem Landesschulbeirat erörtert? In welcher Weise werden diese Gremien nach dem Schulgesetz in die Begleitung und Evaluation der Erprobung der neuen Unterrichtsmodelle einbezogen?

Antwort: Siehe Antworten zu Frage 4 und 5.

Dem Schreiben des Bildungsministeriums an die Schulleitungen lässt sich entnehmen, dass die Sichtung der Interessenbekundungen einer Arbeitsgruppe übertragen wurde, der neben Vertreter*innen des Bildungsministeriums, des LISA und des Landesschulamtes auch Vertreter*innen des Sekundarschullehrerverbandes angehörten. Wie wird begründet, dass ein besonders kleiner und mitgliederschwacher Verband des Deutschen Beamtenbundes ausgewählt wurde, der mit Blick auf die Ergebnisse von Personalratswahlen ohne Basis in der Lehrerschaft ist? Worin wird der Nachweis der Fachkompetenz des Sekundarschullehrerverbandes gesehen? Warum wurde weder die GEW als Fachgewerkschaft des DGB noch der Lehrerhauptpersonalrat auf eine Mitarbeit in der eingerichteten Arbeitsgruppe angesprochen?

Antwort: Der Sekundarschullehrerverband Sachsen-Anhalt ist eine anerkannte, sachkundige Interessenvertretung, der die Schulformen, die im Modellversuch beteiligt sind, vertritt. Zudem ist er bundesweit im Verband Deutscher Realschullehrer vernetzt und hat bereits in vergleichbaren Arbeitsgruppen des Ministeriums für Bildung mitgearbeitet.

Wie lassen sich die in der Vorbemerkung aufgeführten neuen Unterrichtsmodelle beschreiben? Wie sieht die konkrete Unterrichtsorganisation aus, die erprobt und evaluiert werden soll? Inwieweit ist das LISA bereits in die Vorbereitung der Erprobung einbezogen?

Antwort: Es geht darum, tradierte Formen des Unterrichts aufzubrechen und neue Rhythmisierung des Unterrichts zu testen, definierte Zeiträume für das Miteinander, das Vertiefen von Gelernten, für das Fördern, die Bewegung, den Ausgleich, das Nachgehen von Interessen usw. zu schaffen.
Derzeit werden insbesondere drei Modelle favorisiert:
Bei den Modellen 40/5 bzw. 80/10 soll eine tägliche oder wöchentliche Bündelung der restlichen Unterrichtszeit (5 bzw. 10 Minuten) jeweils für die oben beschriebenen unterschiedlichen Formen anderer Lehr- und Lernarrangements und zur Generierung der zusätzlichen Einheiten usw. genutzt werden. Beide Modelle wurden im Ausschuss für Bildung des Landtages am 10.02.2022 vorgestellt.
Das „Modell 4+1“ sieht vor, dass Präsenzunterricht in der Regel an vier Tagen in der Schule erfolgen soll. Der fünfte Tag soll in Form von Distanzlernern durchgeführt werden, z. B. als Praxislerntag, Digital- oder Hybrid-Unterricht, an außerschulischen Lernorten usw., jeweils gemäß Lehrplan und pädagogisch betreut. Das LISA ist von Projektbeginn an beteiligt und hat die Leitung der begleitenden Arbeitsgruppe inne.