Hochschule und Studium
Semesterstart: Auf ein Neues!
Am 1. Oktober beginnt in den Hochschulen, nicht nur in Sachsen-Anhalt, das neue Semester. Tausende junge Menschen aus ganz Deutschland – und in nicht wenigen Fällen aus allen Teilen der Welt – werden an ihre Studienorte in unserem Bundesland zurückkehren oder hier ein Studium beginnen. Möge es für alle eine Zeit voll Neugier und spannender wissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch des „unbeschwerten Studierendenlebens“ werden.
Gerade diese Unbeschwertheit wurde jedoch für viele in den zurückliegenden Jahren auf die Probe gestellt. Bisher ungekannte Ängste im Zusammenhang mit den Auswirkungen von Klimawandel, Pandemie, Krieg und Inflation prägen in mehr oder weniger großem Umfang eigene Erfahrungen, zumindest aber das Denken der jungen Generation. In nicht wenigen Fällen führen sie zu der bitteren Frage, ob ein Studium überhaupt finanzierbar ist. Zwar wurden im Zuge der Reform aus dem vergangenen Jahr Zugangsbedingungen und Höhe des BAföG verbessert, dennoch reichen die zur Verfügung gestellten Mittel bei Weitem nicht aus, um allen eine auskömmliche Studienfinanzierung zu sichern. Studienkredite als Alternative haben sich als mehr als ungeeignet erwiesen, so dass neben dem Studienalltag zusätzlich ein mehr oder weniger umfangreicher Arbeitsalltag bewältigt werden muss.
Auch Lehrende und andere Beschäftigte an den Hochschulen haben Erwartungen an das neue Semester – nicht nur an interessante Seminare und Vorlesungen mit klugen und wissbegierigen Studierenden. Im Mittelpunkt des Interesses insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses wird auch in den kommenden Monaten die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes stehen. Die Diskussion über die damit verbundenen Zukunftschancen und Unsicherheiten betrifft nicht nur die auf Grundlage dieses Gesetzes befristet Beschäftigten, sondern auch ihre „Doktorväter und -mütter“, die nicht immer Forschungsprojekte mit dem Personal zu Ende führen können, mit dem sie begonnen wurden – sei es, dass Laufzeiten nicht verlängert werden können, in vielen Fällen aber auch, weil hoch qualifizierte Beschäftigte das Hochschulsystem verlassen und anderswo eine Arbeit finden, die oft nicht die Weiterführung wissenschaftlicher Tätigkeiten ermöglicht, dafür aber Familien- und Lebensplanungen ungleich erleichtert.
Nicht zuletzt wird die bevorstehende Entscheidung des Bundestages aber auch das Studium junge Menschen beeinflussen, die nicht sicher sein können, ob die Personen, die sie im Laufe mehrerer Jahre kennen und schätzen gelernt haben, auch zur Betreuung ihrer Abschlussarbeiten zur Verfügung stehen werden. Eine Reform, die Perspektiven für mehr unbefristete Stellen im Hochschulsystem eröffnet, ist im Interesse aller mehr als überfällig. Auf Landesebene schauen die Beschäftigten voller Spannung, jedoch angesichts von Tönen aus dem Finanzministerium über „zu viel Landespersonal“ auch mit einer gewissen Sorge auf die im kommenden Jahr beginnenden Verhandlungen zwischen dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt und den Hochschulen, die planmäßig im Jahr 2025 in die Unterzeichnung neuer Zielvereinbarungen münden sollen. Hier werden die Grundlagen dafür festgeschrieben, welche Studiengänge an den einzelnen Hochschulen auch in den kommenden Jahren vorgehalten werden.
Ein wichtiger Schwerpunkt für die beiden Universitäten wird mit Sicherheit die Ausbildung von Lehrkräften sein. Hier ist das Land angesichts einer zunehmend katastrophalen Personalsituation in den Schulen in besonderem Maße gefordert, die Angebote beider Universitäten so abzusichern, dass möglichst viele gut ausgebildete Fachkräfte für alle Schulformen zur Verfügung gestellt werden. Die Ermöglichung des Lehramtsstudiums für Gymnasien und Sekundarschulen mit dem Hauptfach Deutsch in Magdeburg mit Beginn des neuen Semesters ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem jedoch dringend weitere folgen müssen. Die bisherigen Immatrikulationszahlen geben Anlass zur Hoffnung. Sie sollten Anlass sein, den Nebenfächern Sozialkunde und Ethik schnellstmöglich weitere folgen zu lassen, zumindest aus dem Fächerspektrum, das in Magdeburg ohnehin in anderen Kombinationen vorgehalten wird.
Nicht zuletzt werden die kommenden Monate von den bevorstehenden Tarifverhandlungen geprägt sein. Hier sind insbesondere die Gewerkschaften gefordert, möglichst viele Beschäftigte zu motivieren, ihre Forderungen deutlich sichtbar zu machen. Nur so wird es möglich sein, durchzusetzen, dass die Schere zwischen Inflation und Entlohnung nicht noch weiter auseinandergeht. Davon sind alle Beschäftigten – nicht nur in den Hochschulen – betroffen, in besonderem Maße aber Tausende junge Menschen, denen eine wissenschaftliche Qualifikation nur im Rahmen von Teilzeitstellen ermöglicht wird.
So groß wie nie scheinen die Chancen zu sein, eines der wichtigsten Anliegen der GEW im Hochschulbereich in die Verhandlungen einzubringen – den Abschluss tariflicher Regelungen für die studentischen Beschäftigten. Auch in Sachsen-Anhalt ist es in den letzten Jahren in bemerkenswertem Umfang gelungen, dass sich junge Angehörige dieser Beschäftigtengruppe zusammengeschlossen haben, um so ihren Forderungen nachdrücklich Ausdruck zu verleihen. Bis zum wirklichen Abschluss eines TV Stud ist es jedoch notwendig, im Kampf um eine bundesweit einheitliche und gerechte Entlohnung nicht nachzulassen.
Auf ein Neues also – mit bekannten Erwartungen und Herausforderungen. Allen Studierenden und Beschäftigten der Hochschulen wünschen wir in diesem Sinne einen guten Start in das Wintersemester 2023/24!