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Servicestelle Kinder- und Jugendschutz

Sozialministerium will Förderung Ende 2024 beenden

Der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz droht das Ende, das Sozialministerium will zum Dezember 2024 die Förderung einstellen. Aufgrund der bevorstehenden Abwicklung haben sich die Mitarbeitenden am 13. November mit einem Offenen Brief an die Abgeordenten des Landtages von Sachsen-Anhalt gewendet.

Seit 2015 sind die Referent*innen der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz im Land unterwegs. Sie diskutieren mit Heranwachsenden die Gefahren in sozialen Netzwerken, reden mit ihnen über Mobbing oder zeigen Schutzmechanismen gegen sexualisierte Gewalt auf. Für Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen und Fachkräfte der Jugendhilfe haben die Expert*innen ein großes Portfolio an Fortbildungen im Programm: Medienwelten von Kindern und Jugendlichen, selbstverletzendes Verhalten, Radikalisierung oder Präventionsmethoden sind nur ein kleiner Auszug. In den Einrichtungen und Schulen helfen sie bei der Erstellung von Schutzkonzepten, die in der Jugendhilfe verpflichtend sind. Zudem bieten zwei ausleihbare Mitmach-Parcours zum Kinder- und Jugendschutz den Fachkräften vor Ort die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden. Eltern stehen die Jugendschutzreferent*innen auf zahlreichen Elternabenden zur Seite, beantworten Fragen und geben Tipps zum eigenen Erziehungsverhalten. Und natürlich beraten sie die Jugendämter vor Ort, helfen mit ihrer Expertise bei Stellungnahmen und allen Jugendschutzfragen.

Gerade in der Zeit der Pandemie stiegen Bedarf und Nachfragen noch einmal. Spezielle digitale Formate sind bei den Referent*innen seitdem zusätzlich am Start, um niederschwellig überall helfen zu können. Mit vielen Handreichungen klärt die Servicestelle zu komplexen Themen auf und hilft Eltern und Fachkräften so, sicherer zu agieren. Landesweit wird die Servicestelle für diese Arbeit geschätzt. Und auch aus dem Bundesgebiet gibt es Nachfragen, so zum Beispiel zur in Sachsen-Anhalt entwickelten Handreichung zum pädagogischen Handeln in Kriegen und Krisen oder zur ebenfalls durch die Servicestelle herausgegebenen Kinderrechtsbroschüre. Die Stellung der erfolgreichen Arbeit führte unter anderem dazu, dass die aktuelle Koalition aus CDU, SPD und FDP die Servicestelle im Koalitionsvertrag festschrieb.

Trotz allem will das Sozialministerium die Förderung der Servicestelle zum Ende des Jahres 2024 beenden. Von „engerer Steuerung“, einer „strukturellen Stärkung“ und einer „eigenständigen Einrichtung und nicht als Unterstruktur eines Jugendverbandes“ ist in dem Schreiben die Rede, das dem Jugendverband fjp>media Ende Oktober zugestellt wurde.

Die von der Servicestelle wahrgenommenen Aufgaben sollen, so heißt es weiter, stattdessen im Jahr 2024 neu ausgeschrieben und ab dem 1. Januar 2025 im Rahmen eines Leistungsvertrages erbracht werden. Was das Ministerium inhaltlich konkret meint, bleibt nebulös. Auch Nachfragen aus dem Landtag werden vage beantwortet. Wohin es also genau gehen soll, ist unklar.

Klar hingegen ist, was das Ministerium nicht will. Offenbar möchte es diese Expertise nicht bei einem Jugendverband. Zudem verweist das Haus auf die Prüfung des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 2020. Der stellte Mängel im Zuwendungsprozess des Landes zur Servicestelle fest und empfahl entsprechende Vorkehrungen. Im weiteren Vorgehen schärfte das Land die Bedingungen gegenüber der Servicestelle. In einer Beratung mit dem Ministerium und dem Landesrechnungshof Anfang 2023 erklärte der Rechnungsprüfungsausschuss des Landtages die Sache dann für erledigt. Das sieht das Sozialministerium nun aber anders und ist fest entschlossen, die Servicestelle nicht weiter zu fördern. Die Beschäftigten müssen entlassen werden, die über Jahre erarbeitete einzigartige Expertise verschwindet, das landesweite Netzwerk verliert den zentralen Knoten.

Zahlreiche Proteste von Fachverbänden, aus Wissenschaft und Fachkräften führten ebenso wenig zum Überdenken wie Einwände der Fachpolitiker von CDU und FDP. Das Sozialministerium will die Stelle zum Jahresende 2024 abwickeln und die Aufgaben des Jugendschutzes in einem Dienstleistungsvertrag ausschreiben. Eine solche Ausschreibung gab es bislang noch nie in diesem Bereich. Das Ministerium begibt sich hier nicht nur auf gefährliches Glatteis, es gefährdet zudem bewusst den Schutz, die Sicherheit und das Wohlbefinden junger Menschen.