Hochschulmedizingesetz und Hochschulgesetz
Stellungnahme der GEW Sachsen-Anhalt zu den geplanten Änderungen
Die GEW Sachsen-Anhalt hat eine Stellungnahme zu den geplanten Änderungen des Hochschulmedizingesetzes und des Hochschulgesetzes erarbeitet.
Sehr geehrter Herr Minister Willingmann,
vielen Dank für die Möglichkeit zur Anhörung. In ihren Anmerkungen konzentriert sich die GEW Sachsen-Anhalt auf die geplanten Änderungen des Hochschulgesetzes, möchte jedoch auch kurz auf einige Punkte zum Hochschulmedizingesetz eingehen.
zu § 10 (1) Punkt 8 HMG: Angesichts mitunter unterschiedlicher Interessenlagen schlägt die GEW folgende Formulierung vor: „zwei Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten, davon nach Möglichkeit je ein Beschäftigter oder eine Beschäftigte des jeweiligen Universitätsklinikums und der jeweiligen Medizinischen Fakultät. Das Vorschlagsrecht haben die beiden Personalräte.“
Die Formulierung in § 20, Abs. 1 Satz 4 HMG ist missverständlich und sollte umgestellt werden, so dass deutlich wird, dass Ärztliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, welche überwiegend Aufgaben in Forschung und Lehre wahrnehmen, der Medizinischen Fakultät zugeordnet sein müssen. Nur so können ihr Status im Sinne des TV-Ärzte gesichert und Gehaltseinbußen verhindert werden. Gleichzeitig bitten wir darum, die Formulierung in der Gesetzesbegründung, wonach keine gegenseitige Anerkennung von Beschäftigungszeiten in der Universität bzw. Universitätsklinik AöR für die Stufenzuordnung erfolgen soll, zu überdenken. Dies würde bedeuten, dass beim formalen Wechsel der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung am gleichen Arbeitsplatz, aber ggf. mit Gehaltseinbußen erfolgen würde.
Die GEW begrüßt die Neuaufnahme einer Regelung zu Gleichstellungsbeauftragten in den Uniklinika in § 21 HMG, möchte jedoch auf Details hinweisen, die aus ihrer Sicht sowohl dort als auch in § 72 HSG anders als von Ihnen vorgeschlagen geändert werden sollten. Eine Begrenzung auf nur eine Gleichstellungsbeauftragte und eine Stellvertreterin ist bei großen Hochschulen nicht nur nicht zielführend, eine solche Regelung würde zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Arbeitssituation der Beauftragten führen und die Gleichstellungsarbeit weitgehend blockieren. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten nicht auf die Begleitung einer (angesichts eines in den Hochschulen deutlich größeren Personalwechsels als z.B. in der Landesverwaltung) hohen Zahl von Personalvorgängen reduziert werden kann, sondern durch vielfältige weitere Aufgaben im Sinne der Umsetzung von Chancengleichheit ergänzt wird. Auch die vorgesehene Einengung des passiven Wahlrechts auf weibliche Mitglieder der Hochschulen würde positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit auch mit männlichen Gleichstellungsbeauftragten zuwiderlaufen. Zudem würde es längst überholte Geschlechterzuschreibungen aus dem seit nunmehr fast 20 Jahren unverändert geltenden Frauenfördergesetz des Landes Sachsen-Anhalt festschreiben.
Es ist zudem nicht ersichtlich, warum die Gleichstellungsbeauftragte nur von der „fachlichen Weisung“ entbunden werden soll (§ 21, Abs. 4 HMG). Bei einer solchen Formulierung bleibt die dienstrechtliche Weisungsgebundenheit weiterhin bestehen, wodurch auch Dienstanweisungen erfolgen können, die dem Auftrag als Gleichstellungsbeauftragte widersprechen. Unabhängig davon empfehlen wir, eine analoge Regelung wie in § 21, Abs. 4 HMG mit der entsprechenden Ergänzung auch in den § 72 HSG aufzunehmen.
Zur geplanten Überarbeitung des § 73 HSG: Vorweg: die Streichung des nicht mehr zeitgemäßen Begriffs „Behinderte“ begrüßt die GEW ausdrücklich. Hinsichtlich der geplanten inhaltlichen Änderungen erreichten uns jedoch von unseren Mitgliedern unterschiedliche, teils widersprüchliche Hinweise, die vor allem aus sehr differenzierten Erfahrungen in der Wahrnehmung des Amtes der „Behindertenbeauftragten“ in den Hochschulen resultieren. Das betrifft insbesondere die Reduzierung des Amtes als Beauftragte oder Beauftragter für (nun nur noch) Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Bisher war die betreffende Person sowohl für Studierende als auch alle anderen Angehörigen der Hochschulen zuständig. Konsens besteht darin, dass ein Beauftragter bzw. eine Beauftragte für Alumni und emeritierte Professorinnen und Professoren nicht benötigt wird. Während aber an einem Teil der Hochschulen die Arbeit im Sinne der Beschäftigten mit Behinderungen (und auch chronischen Erkrankungen, obwohl im SGB IX nicht zwingend festgeschrieben) ganz selbstverständlich so gut wie ausschließlich von der SBV übernommen wird, hat es sich an anderen Einrichtungen bewährt, dass der oder die „Behindertenbeauftragte“ insbesondere die beratende Teilnahme im Senat auch für die Interessen der betroffenen Beschäftigten nutzen konnte. Um beiden Erfahrungen gerecht zu werden, schlagen wir vor, den Hochschulen die Entscheidung zu überlassen, ob der oder die Beauftragte ausschließlich für Studierende oder auch für andere Mitglieder der Hochschule mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen bestellt wird. Alternativ wäre auch eine beratende Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung an den Sitzungen des Senats vorstellbar. Unabhängig davon möchten wir darauf hinweisen, dass die „Kann-Regelung“ hinsichtlich der Freistellung der oder des Beauftragten in eine „Muss-Regelung“ („ist auf Antrag freizustellen“) umgewandelt werden sollte.
In engem Zusammenhang damit regt die GEW eine Neuformulierung von § 3, Abs. 6 HSG an, in deren Mittelpunkt nicht mehr das als veraltet angesehene Fürsorgeprinzip steht. In Übereinstimmung mit den Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 in Deutschland geltendes Bundesgesetz ist, muss hingegen das Prinzip der Selbstbestimmung auf Grundlage des Gedankens der Inklusion zu den Aufgaben der Hochschule gehören. Dementsprechend sollte der §3 Abs. 6 so abgeändert werden, dass der Auftrag der Inklusion, zusammen mit der Ermöglichung von Selbstbestimmung und der Verpflichtung zur allgemeinen Barrierefreiheit deutlich hervortritt.
Zu § 105 d HSG regen wir an, dass das Ministerium für Wissenschaft; Energie, Klimaschutz und Umwelt darauf hinwirkt, dass entsprechend der Regelungen im Arbeitsrecht und nach dem HSG-LSA auch in Niederlassungen von Hochschulen aus dem EU-Ausland Beschäftigten- und Studierendenvertretungen einzurichten sind.
Neben den genannten konkreten Hinweisen zum vorliegenden Gesetzesentwurf möchten wir empfehlen, zeitnah weitere Änderungen im Hochschulgesetz vorzubereiten. Hierbei möchte die GEW Sachsen-Anhalt ausdrücklich darauf hinweisen, dass in diesem Rahmen auch über eine Neuregelung der Gremienbesetzung im Sinne größerer Mitspracherechte aller Gruppen nachgedacht werden muss. Weiterhin regen wir an, in Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie im HSG Zivilklauseln zu verankern. Gern würde sich die GEW Sachsen-Anhalt an Gesprächen über deren Inhalte beteiligen.
Neben den hier vorliegenden Gesetzen sehen wir Änderungsbedarf auch in anderen Landesgesetzen, die die Interessen der Hochschulen zumindest tangieren. Das betrifft insbesondere das Frauenfördergesetz, aber auch das Personalvertretungsgesetz, in dem dringend festgeschrieben werden muss, dass Personalräte alle Beschäftigten der Hochschulen, unabhängig von deren Bezahlung über Haushalts- bzw. Drittmittel vertreten.
GEW Sachsen-Anhalt
39114 Magdeburg