Kolumne "Tor!"
Torinnenraum
Der Magdeburger Kabarettist Lars Johansen verfasst einmal im Monat für unsere Mitgliederzeitung EuW eine Kolumne über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Dieses Mal befasst er sich mit dem Nutzungsverbot des Gendersternchens an Schulen, das das Bildungsministerium zu Beginn des Schuljahres ausgesprochen hat.
Offen gestanden, aber auch wenn ich geschlossen bin, ist es mir egal ob gegendert wird oder nicht. Also ich möchte schon gegendert werden, denn ich bin das Tor und will auf keinen Fall der Tor und damit auch töricht sein. Die deutsche Sprache ist, wie man daran sehen kann, nicht gerade einfach, und das Gendern macht sie nicht einfacher. Aber es geht auch nicht darum, immer den einfachsten Weg zu gehen, manchmal muss man den Mut haben, Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen, um sich zu entwickeln. Ich erinnere mich jedenfalls nicht daran, dass sich bei der letzten großen Rechtschreibreform eine große Menschenmasse erhoben und das „ß“ beim „dass“ zurückgefordert hätte. Man nahm es still hin, dass die Rechtschreibung von oben geändert wurde. Was sollte man auch dagegen haben? Es gab keinen Grund, dafür auf die Barrikaden zu steigen, denn so wichtig erschien es niemandem. Das ist beim Gendern anders. Hier wird gestritten, als ginge es um Leben und Tod. Das generische Maskulinum muss gerettet werden, koste es, was es wolle.
Darum wurde auch jetzt das Gendern an Schulen in Sachsen-Anhalt verboten. Wenn man es trotzdem macht, wird das dann eben nun als Fehler gewertet und führt zu Punktabzug. Abitur mit 1,0 also nur, wenn man nicht gendert. Das ist Politik wie von einem anderen Planeten – sicher nicht dem Genderstern, aber so weit wie möglich von der Realität weg, wie es nur geht. Ich bin da gegen eine Pflicht, aber ganz sicher auch nicht für ein Verbot. Sollen die jungen Leute es doch machen, wie sie wollen. Über kurz oder lang wird es sich ohnehin durchsetzen, denn ich kann jede Frau verstehen, die sich beim generischen Maskulinum nicht mitgemeint fühlt. Machen Sie den Test und fragen einmal einen streng heterosexuellen männlichen Gendergegner, wie es seinem Lebensgefährten geht. Schon wird er das generische Maskulinum über Bord werfen und auf einer Gefährtin bestehen.
Und, ganz ehrlich, wir haben in der Bildung ohnehin andere Baustellen. Da ist es wenig hilfreich, wenn der Minister sich auf das Gendern stürzt. Oder sollte es die Ministerin heißen? Eigentlich schon, doch wir sollen ja nicht gendern.
Aber was weiß ich schon, ich bin ja nur ein Tor. ...