Kolumne "Tor!"
Überstunden im Museum
Der Magdeburger Kabarettist Lars Johansen verfasst einmal im Monat für unsere Mitgliederzeitung EuW eine Kolumne über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Dieses Mal befasst er sich mit der Arbeitszeit von Lehrkräften.
Im Magdeburger Naturkundemuseum gibt es seit kurzem ein ganzes Klassenzimmer zu sehen. Es soll irgendwie historisch sein, aber wenn man genau hinschaut, dann sieht es fast genauso wie ein aktuelles aus. Na gut, es ist aufgeräumter und sauberer und es darf auch nichts angefasst werden. Aber davon abgesehen befindet man sich mitten in der Kreidezeit, die zumindest Sachsen-Anhalts Schulen immer noch dominiert. Wenn man Lehrer oder Schüler durch diese Ausstellungsräume laufen sieht, dann sehen die immer recht erstaunt darüber aus, dass sie sich angeblich in einem Museum befinden. Und so lernen sie, dass dass Schulen anscheinend die letzten Orte in diesem Land sind, an denen sich etwas ändert. Das liegt ja nicht nur an den Räumen, sondern es setzt sich bei Dingen wie der Arbeitszeit bruchlos fort. Während die IG Metall unverdrossen die Viertage-Woche fordert und die Arbeitgeber gar nicht einmal so abgeneigt erscheinen, weil es eben doch am Fachpersonal hapert und man diesem gerne mal entgegenkommt, ist davon im Schuldienst nichts zu spüren. Schon die Fünftagewoche erscheint der Politik zu kurz und eine Stunde soll zusätzlich abgeleistet werden. Zwar vermisst man hier auch Fachpersonal, aber warum sollte man dem Lehrpersonal denn entgegenkommen? Das könnte womöglich als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden und kommt daher nicht infrage. Und wenn eine Lehrerin sich weigert, dann wird sie eben auch mal rasch entlassen, um ein Exempel zu statuieren.
Diese Gutsherrenart erscheint genauso museal wie der ganze Rest. Und daher passt der Umgang auch wieder. Man wünscht sich eben die gute alte Zeit zurück, als das alles noch so funktionierte. Nur galten damals Lehrer auch noch als Respektspersonen und man wäre so nicht mit ihnen umgesprungen. Das kommt eben davon, wenn es an historischem Wissen mangelt. Und daran mangelt es, weil es an Lehrkräften dafür fehlt. Aber immerhin gibt es stattdessen die Ausstellung im Museum. Da kann man dann sehen, dass die alte Zeit nur in Teilen gut war und ausgerechnet diese Teile von der Politik heute nicht so gerne gesehen werden.
Aber was weiß ich schon, ich bin ja nur ein Tor.