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Feierlichkeiten zum 1. Mai 2023

Ungebrochen solidarisch: Wir brauchen Menschlichkeit und Demokratie!

Die diesjährigen Mai-Veranstaltungen des DGB in Sachsen-Anhalt standen unter dem Motto „Ungebrochen solidarisch“. An 14 Orten im ganzen Land wurde der Tag der Arbeit mit Ständen, Luftballons, Hüpfburgen und guter Laune begangen.

In Magdeburg, Wittenberg und Halle hat die DGB-Jugend zum 1. Mai Demos veranstaltet, die die noch immer omnipräsente Inflation und den damit verbundenen Reallohnverlust mit dem Wahlspruch „Preise runter, Löhne rauf“ adressierten.

Trotz Verzögerung startete die Mai-Veranstaltung in Halle bei Sonnenschein und guter Laune gegen 11:30 Uhr etwa eine halbe Stunde später als geplant. Dies tat der guten Stimmung, die sich bereits am Morgen beim Aufbau der Stände bei den haupt- und ehrenamtlich Aktiven eingestellt hatte, keinen Abbruch. Noch vor dem eigentlichen Beginn der Kundgebung füllte sich der hallische Marktplatz mit Menschen und die ersten Gespräche fanden schon beim Aufbauen statt. Der Stand des GEW-Kreisverbandes Halle war den ganzen Tag gut besucht, was wohl auch an den Kolleginnen aus dem Kitabereich lag, die ab Mittag Farbe und Pinsel für das Kinderschminken zückten. Dieses Angebot hat gerade bei den kleinen Besucher*innen Zuspruch gefunden und sorgte dafür, dass am Nachmittag viele Tiger und Schmetterlinge und andere kleine Tiere den Marktplatz bevölkerten.

Der Eröffnung durch Andreas Dose, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Halle, folgte ein reichhaltiges Programm aus Musik, Reden und einer Podiumsdiskussion zum Zukunftszentrum und wie der Strukturwandel die zukünftige Arbeitswelt im Süden Sachsen-Anhalts beeinflussen wird.

Gegen 12:30 Uhr betrat die Hauptrednerin Eva Gerth die Bühne. Der DGB hatte unsere GEW-Landesvorsitzende zum 1. Mai nach Halle eingeladen – eine Einladung, der sie gern folgte. Ihre Rede stand ganz unter dem Motto des Tages „ungebrochen Solidarisch“. Eva Gerth forderte:

„Solidarisch sollen die Menschen sein mit denjenigen, die sich gerade in Tarifauseinandersetzungen befinden, wie die Kolleg*innen bei der Bahn und im Einzelhandel. Solidarisch mit denjenigen, die ihre Tarifverhandlungen fast hinter sich haben, wie die Kolleg*innen im öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes, aber auch mit denjenigen, die in den nächsten Monaten in den Tarifkampf gehen, wie die Kolleg*innen im öffentlichen Dienst der Länder.“

Eva Gerth forderte Solidarität mit all jenen, die nicht streiken dürfen. Diese Solidarität ist dabei genauso wichtig wie Solidarität mit den Kolleg*innen, die überwiegend in den Kitas, den Schulen und der Pflege arbeiten, sowie mit denjenigen, die in unfreiwilliger Teilzeit beschäftigt sind und durch diskriminierende Arbeitsbedingungen in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Existenz bedroht sind. Der Gender-Pay-Gap, die Lücke in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen, ist dafür das beste Beispiel. Aber auch Solidarität mit den Menschen, die ihre Heimat und ihre Angehörigen wegen Krieg und Verfolgung verlassen mussten, ist wichtig. Wir sind in der Verantwortung, diesen Menschen ein Leben in Sicherheit, mit Arbeit und Unterkunft für sich und ihre Kinder zu ermöglichen.

Wichtiger Teil eines solidarischen Lebens ist Bildung. Das Kerngeschäft und die Aufgabe der GEW ist es, gute Bildung für alle Menschen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozio-ökonomischen Status – zu ermöglichen. „Bildung eröffnet Lebensperspektiven, sie ist wichtig auf dem Weg zu einer Chancengleichheit für alle,“ sagte die Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt und machte darauf aufmerksam, dass wir in den Bildungseinrichtungen Fachkräfte und Menschen brauchen und keine Sparprogramme. Erfolgsmodelle müssen durch das Land dauerhaft finanziert und nicht von engagierten Menschen, die prekär in befristeten Projekten arbeiten, getragen werden. Die Mär des „Fachkräftemangels“, die die Arbeitgeber seit Jahren in die Welt setzen, muss auch von den Arbeitgebern aufgelöst werden. Dieser Widerspruch kann nur behoben werden, indem sie mehr Auszubildende einstellen. Das Verhalten der Arbeitgeber ist eine „Doppelmoral“, wenn sie behaupten, dass alle Betriebe im Land Fachkräfte bräuchten, aber nur ein Viertel von ihnen selbst ausbildet und der Rest seine Verweigerung damit begründet, dass die jungen Menschen nicht „ausbildungsreif“ seien. Auch mit anderen Mythen, wie den von der Überakademisierung, räumte Eva Gerth auf und forderte die Landesregierung Sachsen-Anhalts auf, dem Beispiel Bremens zu folgen und eine Ausbildungsplatzgarantie auch gegen den Widerstand der Arbeitgeber durchzusetzen.

„Lasst uns also nicht Legenden erzählen, sondern lasst uns gemeinsam an die Arbeit gehen. Gute Bildung ist auch wichtig, um die Vergangenheit, auch die braune Vergangenheit in Deutschland, zu verstehen und daraus Entscheidungen für die Zukunft zu fällen. Gute Bildung ist wichtig, um Verschwörungstheorien aufzudecken, sie ist auch wichtig, damit einem in einer Diskussion nicht die Argumente ausgehen. Gute Bildung ist wichtig, damit immer der Dialog gewinnt und nicht Hass und Gewalt,“ war das abschließende Statement von Eva Gerth.

Die anschließende Podiumsdiskussion, die die Kollegen vom Revierwende-Büro in Halle geleiteten, befasste sich mit dem Strukturwandel im südlichen Sachsen-Anhalt und seinen Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung der Region. Gerade die Frage nach der Attraktivität Halles und der Region für junge Menschen beschäftigte die Rednerinnen.

Und die Gewerkschafts- und Parteijugenden sowie Fridays-For-Future waren es auch, die den Abschluss des Tages mit ihrer Demo bildeten. Das diesjährige Motto „Preise runter, Löhne rauf“ stand ganz unter dem Einfluss des gegenwärtig laufenden Tarifgeschehens. Und so muss es auch niemanden verwundern, dass auch hier das Schlichtungsergebnis der TVöD-Verhandlungen thematisiert wurde und sich die betreffenden Jugendvertreter*innen gegen eine Annahme des Schlichtervorschlags durch die Gewerkschaftsbasis von Ver.di und GEW aussprachen. Ebenso wurde TVStud angesprochen und ein Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an Hochschulen sowie eine Mindestvergütung von 15 Euro pro Stunde gefordert. Dass die Mitglieder der TVStud-Gruppe in Halle sehr aktiv sind und das Thema im öffentlichen Raum angekommen ist, war auch daran zu erkennen, dass sich die organisierten Mitglieder von TVStud Halle in der Nacht auf den 1. Mai daran gemacht hatten, entlang der Strecke Jugend-Demo, die Straßen mit den Forderungen von TVStud und Ergebnissen der Hilfskräftebefragung mit Kreide zu beschriften. So wurde am 1. Mai überall in Halle auf TVStud aufmerksam gemacht – ebenso durch zahlreiche Flyer, die am Vormittag auf dem Markt und am Nachmittag auf der Demo durch die hallische Innenstadt verteilt wurden. TVStud und die GEW waren an diesem 1. Mai omnipräsent in Halle.