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Kolumne

Vier vor Fünf

Der Magdeburger Kabarettist Lars Johansen verfasst einmal im Monat für unsere Mitgliederzeitung EuW eine Kolumne über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. In diesem Monat beschäftigt er sich mit den steigenden Preisen und der Vier-Tage-Woche.

Ganz oft ist es fünf vor zwölf. Dabei ist zwölf schon lange durch. Das neue fünf vor zwölf ist vier vor fünf. Und natürlich muss es eigentlich vier statt fünf heißen. Für mich ist das jedoch in Ordnung – bei nur noch vier Schultagen muss ich einen Tag weniger geöffnet werden. Was das einspart!

Und von den Heizkosten, die dabei ebenfalls gespart werden, will ich gar nicht erst anfangen. Ich bin ja schon lange im Dienst und erinnere mich an Zeiten, in denen die Kinder ihre Kohlen mitbringen mussten, wenn sie geheizte Klassenzimmer haben wollten. Nach dem letzten großen Krieg herrschte nämlich ein Winter, der noch ein richtiger Winter war. Da hätten sich alle über eine Klimakatastrophe gefreut, wenn sie die Wahl gehabt hätten. Hatten sie aber nicht, denn Wetter war noch nie demokratisch. Vielleicht werden die Kinder jetzt Gaskartuschen mitbringen. Oder der Winter wird so warm, dass man ohnehin nicht heizen muss. Oder das Geld vom Land reicht auch bei Kälte für vier warme Tage. Und genug Lehrpersonal dürften wir jetzt auch haben, bei 20 Prozent weniger Unterricht. Das ist gut für alle. Außer vielleicht für die jungen Erwachsenen. Denn die werden nachher weniger wissen. Aber der Stoff soll ja irgendwie anders nachgeholt werden. Vielleicht müssen sie nur schneller lernen und schlauer als alle anderen Generationen vor ihnen sein. Und das ist kein Kunststück, jedenfalls wenn ich mir Bildungs- und Klimapolitik so ansehe. Viel schlechter können sie es da wirklich nicht machen. Andererseits gefällt es mir irgendwie, wenn Politik akzeptiert, dass sie nicht in der Lage ist, die Probleme wirklich zu lösen. Und da die Betriebe ja Personal brauchen, ist allen gedient. Am fünften Schultag wird jetzt eben nicht gelernt, sondern gepflegt, gekellnert, verkauft, ... Das sind dann zwar keine Fachkräfte, aber sie sind wenigstens da und lernen etwas. Zum Beispiel, dass Ausbildung überschätzt wird. Das sieht man ja sehr gut am Beispiel der Bildungspolitik in Sachsen-Anhalt.

Aber was weiß ich schon, ich bin ja nur ein Tor.