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GEWagt gefragt

„Wir müssen unserem Arbeitgeber geschlossen gegenübertreten“

Volker Thiele hat seit acht Jahren den Vorsitz des Lehrerbezirkspersonalrates Magdeburg inne und verantwortet gemeinsam mit Anke Prellwitz den Vorstandsbereich Rechtsschutz im GEW-Landesvorstand.

Foto: Rolf Hamm

Wer bist du?

Ich bin Volker Thiele. Geboren wurde ich im August 1963 in Haldensleben. Mein Bruder ist acht Jahre älter als ich. Seit ich denken kann, wohne ich in Neuenhofe. Da ist das Anwesen meiner Eltern, wo ich auch heute noch zu Hause bin. Neuenhofe ist ein kleiner Ort, der aber zu DDR-Zeiten noch eine Teiloberschule hatte. Die ging nur bis zur 6. Klasse. Danach besuchten alle die Polytechnische Oberschule (POS) „Ernst Thälmann“ in Haldensleben und ab Klasse 9 ging es für mich auf die Erweiterte Oberschule Haldensleben, wo ich 1981 das Abitur ablegte. Wie zu der Zeit üblich, wurde ich gleich danach zum Wehrdienst der DDR einberufen. Anderthalb Jahre Bereitschaftspolizei in Magdeburg, 1983 durfte ich dann mein Lehrerstudium in Potsdam beginnen – Sport und Geografie. Unser Studiengang war der erste, der auf fünf Jahre ausgelegt war. Allerdings war das letzte Jahr davon reine Praxis in der Schule und das war gut so. Als ich 1988 dann offiziell in den Schuldienst an der POS „Dimitroff“ überging, wusste ich, wie Schule geht.

Wie bist du zur GEW gekommen?

Die Erklärung ist nicht ganz einfach. In meinem ersten Dienstjahr 1988 durfte ich gleich erfahren, was Protektionismus und Korruption in der DDR bedeuteten. Als frischer Absolvent der Pädagogischen Hochschule Potsdam sollte ich sofort die schwierigen Klassen (8, 9 und 10) unterrichten. Ein junger Kollege, der zwar keinen Studienabschluss, dafür aber Beziehungen vorweisen konnte, erhielt die vermeintlich „leichten“ Klassen. Das hat mich in Rage gebracht. Ich habe mich lauthals bei der Schulgewerkschaftsleitung (SGL) beschwert. Ich denke, dass man es nicht gewöhnt war, wenn sich Absolventen so in die Schule einführen. Jedenfalls hat das wohl Eindruck auf die SGL-Vorsitzende gemacht. Obwohl ich nie SED-Mitglied war, empfahl sie mich dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung (UuE) in Haldensleben. Man bräuchte solche Leute, hieß es damals. Ich hatte dort keine offizielle Funktion und trotzdem das Gefühl, als junger Lehrer mitreden zu dürfen. Dann kam die Wende. Die UuE wurde in Haldensleben bereits am 24.10.1990 aufgelöst und die GEW dort neu gegründet. Das war vor der offiziellen Auflösung der UuE der DDR. Ich war auf einmal im neuen GEW-Kreisvorstand. Nicht als Vorsitzender, aber ich war drin. Allerdings kam dann etwas, womit niemand gerechnet hatte: Der neue GEW-Kreisvorsitzende wurde als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi enttarnt. Also suchte man nach einem Vorsitzenden, der „keinen Dreck am Stecken“ haben konnte, weil er dafür zu jung war. Das war dann plötzlich ich. Bis 2020 bin ich der Kreisvorsitzende geblieben – 30 Jahre lang.

Wo wärst du gerne in einer Führungsposition? Und was würdest du dann sofort ändern?

Ich hatte keinerlei Ambitionen auf eine politische oder berufliche Führungsposition. Ich wollte keine Partei anführen und kein Schulleiter sein. Obwohl ich für kurze Zeit in der Wende von der Gesamtkonferenz meiner Schule mal zum stellvertretenden Direktor für außerunterrichtliche Tätigkeiten gewählt wurde (damals lief das so), habe ich dann zugunsten einer Kollegin auf den Posten verzichtet, als es nur noch einen Stellvertreter gab. Auch mit einem Amt im Ministerium habe ich nichts am Hut. Ich bin nämlich sehr gern Lehrer.

Wäre ich aber Bildungsminister in Sachsen-Anhalt, gäbe es sofort wieder die Altersermäßigungs-stunden wie früher, Zusatzstunden bräuchten nur freiwillig gehalten werden und für Abordnungen gäbe es den finanziellen Bonus sofort ab Geltung des entsprechenden Erlasses.

Was wünschst du dir von deiner GEW?

Die GEW muss weiter eine streitbare Gewerkschaft bleiben. Ich wünsche mir, dass auch in Zukunft die Interessen unserer Mitglieder so konsequent wie bisher vertreten werden. Wir müssen unserem Arbeitgeber geschlossen gegenübertreten.

Wo siehst du die GEW in zehn Jahren?

Ich bin mir sicher, dass die GEW auch in zehn Jahren noch die mitgliederstärkste und einflussreichste Bildungsgewerkschaft in Sachsen-Anhalt ist. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.