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Kommentar:

Von Ahnungslosigkeit und vorhandenem Geld

Eva Gerth, die Vorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, äußert sich in einem Kommentar über die parlamentarische Arbeit und ihre Auswirkungen auf die Bildungspolitik.

Wer parlamentarische Arbeit kennenlernen will, dem ist ein Besuch eines Landtagsausschusses zu empfehlen. Ausschusssitzungen sind öffentlich in Sachsen-Anhalt, doch eine Teilnahme vormittags um 10 Uhr ist leider nicht jedem möglich. Es gibt dort Diskussionen, die durchaus aufschlussreich sind, die manchmal von Halbwissen, offenbar häufig von persönlichem Erleben und wahrscheinlich ziemlich oft von Koalitionsdisziplin geprägt sind.

Der Finanz- und der Bildungsausschuss des Landtages hatten Ende Oktober über einen Gesetzentwurf der LINKEN zur A 13/E 13 an Grundschulen zu entscheiden. Eigentlich war es ein Gesetzentwurf der GEW, den wir an CDU, SPD, GRÜNE und LINKE schon in der vergangenen Legislatur übergeben hatten.

Für mich als Landesvorsitzende der GEW, die als Zuhörerin vernünftige politische Entscheidungen für eine bessere Unterrichtsversorgung erwartete, war es ziemlich frustrierend, dass in Bezug auf die A 13/E 13 für Grundschullehrkräfte nach nahezu sechs Jahren der unzähligen Informationen und Diskussionen sowie des Kampfes und der Aufklärung anhand von Beispielen aus anderen Bundesländern und eindrucksvollen Aktionen der GEW so viel Ignoranz vorherrscht. Da meint ein CDU-Abgeordneter, dass die Lehrkräfte an Grundschulen die A 13/E 13 wahrscheinlich nur dazu nutzen würden, um in Teilzeit zu arbeiten – junge Leute hielten doch so viel von Work-Live-Balance. Da wird das Abstandsgebot im Beamtenrecht bemüht, obwohl dies bei der Bezahlung zwischen den Schulformen gar nicht relevant ist. Weiterhin kann man sich in der CDU nicht vorstellen, dass die Arbeit in den Grundschulen überhaupt mit der Abnahme des Abiturs vergleichbar sei. Und man will erstmal etwas für die Kolleg*innen tun, die nach E 11 bezahlt werden, offenbar ohne zu ahnen, dass der Gesetzentwurf genau das leistet. Nahezu zeitgleich mit dem Bildungsausschuss fanden sich Eltern und Schüler*innen im Norden von Sachsen-Anhalt zusammen, um für eine bessere Unterrichtsversorgung zu streiken. Friday for Future sozusagen, diesmal für bessere Bildung. Natürlich lernen unsere Kinder dabei auch, vor allem Demokratie. So gesehen ergibt die Vier-Tage-Woche in Sachsen-Anhalts Schulen auch einen Sinn. Wahrscheinlich würden jedoch die meisten derer, die gestreikt haben, lieber ganz normal in der Schule sitzen.

Viele Beschäftigte in Schulen haben ihre Erwartungen zurückgefahren: Zwischen den vielen Vertretungen, Klassenzusammenlegungen und Ausfällen sind die Kolleg*innen froh, wenn ihr Unterricht überhaupt stattfinden kann. Derzeit gibt es die Überlegung, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst für die Unterrichtsstunden, die sie nach der Prüfung in den Schulen leisten, vernünftig zu bezahlen. Das ist gut so. Symptomatisch für das Denken der Landesregierung ist jedoch, dass sofort die Kosten dafür aufgerechnet werden: ca. 1,2 Millionen. Kosten? Etwa 1.200 volle Stellen für Lehrkräfte sind derzeit nicht besetzt. Damit spart das Land mindestens 150.000 Millionen Euro jährlich. Zum Vergleich, die A 13 kostet 30 Millionen Euro jährlich. Das Geld war für die Schulen und für Personal eingeplant, es muss für die Schulen weiterhin zur Verfügung stehen!

Finanzminister haben dabei schon oft eine unrühmliche Rolle gespielt und Abgeordnete sich nur zu gern hinter „fehlendem Geld“ versteckt.  Die Beschäftigten haben aber keine Zeit, sich Ausflüchte anzuhören und vertröstet zu werden. Engagement, das gefordert wird, hält nicht ewig. Die schönsten Berufe der Welt, die an unseren Schulen ausgeübt werden, können zur Belastung werden, wenn Wertschätzung fehlt, gute Arbeitsbedingungen verweigert werden und Abgeordnete von dem, was derzeit die Schulen bewegt, offenbar wenig Ahnung haben oder haben wollen.   

Kontakt
Eva Gerth
Landesvorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt
Adresse Markgrafenstraße 6
39114 Magdeburg
Telefon:  0391 735 54 30