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Kommentar

Wärmende Solidarität erfolgreich gegen kältestarre Arbeitgeber

Bevor ich mich dem Ergebnis der Tarifrunde 2023 widme, möchte ich bei allen Beteiligten Pädagog*innen, Studierenden, Mitarbeiter*innen an den Schulen, Hochschulen, Universitäten und in unserer GEW-Geschäftsstelle – die an unseren Warnstreik-Aktionen, Hochschulaktionstagen, Podiumsdiskussionen und Online-Diskussionen im Vorfeld und während der Tarifverhandlungen in vielfältigster Form aktiv waren, ein herzliches Dankeschön sagen.

Solidarität hält warm! Trotz widriger Witterungsbedingungen haben die Beschäftigten zusammengestanden, um den unterkühlten Arbeitgebern einen tragfähigen Kompromiss abzuringen. Die massiven Warnstreiks allein am „Streiktag Bildung“ am 28. November, den die GEW organisiert hatte, waren 20.000 Kolleginnen und Kollegen auf der Straße – haben dazu geführt, dass sich nach drei schwierigen Verhandlungsrunden die Tarifvertragsparteien am 9. Dezember auf einen Tarifabschluss einigen konnten.

Allen Betroffenen des Tarifergebnisses möchte ich an dieser Stelle noch einmal verdeutlichen, dass es in dieser Tarifrunde in erster Linie um die finanzielle Abfederung der historisch hohen Inflation der letzten beiden Jahre ging. Zur Erinnerung: Die letzte Erhöhung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder erfolgte am 1. Dezember 2022, deshalb stand natürlich die Erhöhung der Entgelte im Vordergrund der Verhandlungen. Dass wir um die Einmalzahlungen, welche natürlich nicht nachhaltig sind, nicht herumkommen werden, hatte uns der Tarifabschluss zum TVöD für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen im Frühjahr 2023 schon gezeigt. Wir mussten durch unsere Warnstreiks den Arbeitgebern der Länder klarmachen, dass ein ähnlicher Abschluss wie im Frühjahr unbedingt erforderlich ist. Und die Wirkung des Tarifabschlusses des Bundes und der Kommunen war während der Verhandlungen deutlich zu spüren.

Und nun zum Tarifergebnis: Positiv ist auf jeden Fall, dass durch die Inflationsprämie die Beschäftigten der Länder nun ziemlich schnell deutlich mehr Geld in ihrer Haushaltskasse haben werden. Die lange Laufzeit von 25 Monaten bringt allerdings vor allem Vorteile auf der Arbeitgeberseite. Die Erhöhung aller Entgeltgruppen um einen Sockel von 200 Euro ab 1. November 2024 sehen wir ebenfalls als positiv an, die Verzögerung der prozentualen Entgelterhöhung um 5,5 Prozent erst drei Monate später und nicht zeitgleich, wie es beim TVöD passiert ist, ist ein Kompromiss, der als kritisch betrachtet werden muss.

Eine wichtige Forderung der Gewerkschaften war die nach einem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud). Den haben wir nicht erreicht. Immerhin kann als erster Schritt in die Richtung eines TV Stud die Regelung der Arbeitsbedingungen für diese bewertet werden.

Das ist noch kein Tarifvertrag, aber es wurden Regelungen zur Mindestvertragslaufzeit und zum Mindestentgelt vereinbart. Der Kampf um einen Tarifvertrag muss also durch die TV Stud-Bewegung und die GEW so entschlossen wie in den letzten Monaten und Jahren nun weitergeführt werden. Die Umsetzung des unterzeichneten Tarifvertrages liegt jetzt an der Landesregierung, das betrifft auch die Gesetzesänderungen für die Beamt*innen. Hier wird sich zeigen, ob der Finanzminister gewillt ist, die Inflationsausgleichszahlung zügig umzusetzen. Die ist, wie im vorhergehenden Abschnitt beschrieben, aber nur ein kurzfristiger Geldzuwachs für die Beschäftigten und wird somit nicht dazu beitragen, die hohe Zahl fehlender Kolleg*innen an den Schulen zu reduzieren. „Im Bildungsbereich brennt die Hütte: Inflation, Fachkräftemangel, Überlastung,“ so brachte es Daniel Merbitz auf einer der Streikkundgebungen auf den Punkt. Wir benötigen dringend erheblich mehr Investitionen in die Bildung und bessere Arbeitsbedingungen für die dort Beschäftigten. Solange aber Entscheidungen über die Bildung den „Kürzungsministern“ überlassen bleibt, kommen wir aus der größten Bildungskrise der Geschichte Deutschlands wohl nicht heraus.

Es ist also an der Zeit, das Pflänzchen Wertschätzung und Respekt für die Arbeit der Kolleg*innen, das sich während der Corona-Zeit zart entwickelte, aber u. a. durch die Einführung der Vorgriffstunde durch die Landesregierung mit Macht wieder zerstört wurde, durch arbeitsentlastende Maßnahmen wiederzubeleben. Deshalb wäre es auch eine Art von Wertschätzung, wenn die TdL sich nun an ihre getroffene Verhandlungszusage hält und mit den Gewerkschaften den TV EntgO-L (Tarifvertrag über die Eingruppierung und die Entgeltordnung für die Lehrkräfte der Länder) weiterentwickelt. Hierbei geht es beispielsweise um die Einführung der vollständigen „Paralleltabelle“ und um die Mindesteingruppierung von Lehrkräften in die Entgeltgruppe 10 TV-L, um hier nur zwei Punkte aus unserem Forderungskatalog zu benennen.

Sollte die TdL hier keine ernsthafte Verhandlungsbereitschaft an den Tag legen, kann sie sich sicher sein, dass die Gewerkschaften dann wieder laut und stark ihren Protest auf die Straße tragen und der TdL „Feuer unterm Hintern“ machen werden.

Kontakt
Ulrich Härtel
Vorstandsmitglied für Tarif- und Beamtenpolitik