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Gewerkschaftliche Tarifpolitik

Werden Pädagogische Mitarbeiter*innen vernachlässigt?

In den vergangenen Wochen erreichten uns kritische Anfragen von Pädagogischen Mitarbeiter*innen. In der Regel ging es dabei um zwei Schwerpunkte: - mit den „Corona-Sonderzahlungen“ nur an Lehrkräfte wurde die Arbeitsleistung der Pädagogischen Mitarbeiter*innen gar nicht gewürdigt und honoriert, - in den Tarifverhandlungen ging und geht es immer nur um die Belange der Lehrkräfte.

Foto: Kay Herschelmann

Dass es das Aufgabenfeld für Pädagogische Mitarbeiter*innen an den Schulen in Sachsen-Anhalt überhaupt gibt, ist ausschließlich ein Verdienst der GEW und ihrer Personalräte. Vor Jahren haben wir in zähen Verhandlungen mit der Landesregierung erfolgreich darauf hingewirkt, den geplanten Abbau der Stellen für Pädagogische Mitarbeiter*innen im Konzept der Landesregierung zu verhindern. Dem Lehrerhauptpersonalrat ist es 2014 gelungen, die Arbeitszeit der Pädagogische Mitarbeiter* innen in einer Dienstvereinbarung zu regeln. Im Kern wurden dabei die folgenden zwei Punkte festgeschrieben:

  1. Sechs Stunden pro Woche für flankierende Aufgabenfelder, z. B. für Vor- und Nachbereitungen der pädagogischen Tätigkeiten, Teilnahme an Konferenzen, Elternarbeit etc. Diese Arbeitsaufgaben sind zeitlich und örtlich nicht zwingend an den Schulen zu erbringen. Insbesondere die Kolleg*innen aus den Kindertagesstätten wissen, dass diese sechs Stunden dort sehnlichst erwünscht wären.
  2. Herausarbeitung der Ferienzeiten mit einer Umlage auf die wöchentliche Arbeitszeit während der Schulwochen.

Pädagogischen Mitarbeiter*innen sind ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Ausgestaltung der Grund- und Förderschulen sowie an den Ganztagsschulen in unserem Land. Mit ihrer fundierten pädagogischen Ausbildung stellen sie eine Bereicherung des pädagogischen Alltags in den Teams vor Ort dar. Sie begleiten Kinder durch den Schultag, sorgen für ein differenziertes Eingehen auf den Einzelnen, fördern und fordern Schüler*innen in Einzel- und Kleingruppenarbeit, leisten unzählige Aufsichtsstunden, begleiten die Klassen bei Schulausflügen und sind bei Unterrichtsausfall häufig der letzte Rettungsanker. An den weiterführenden Schulen ist der Einsatz in unzähligen Arbeitsfeldern, je nach Profil der Schule, unverzichtbar geworden.

Mit Nachdruck setzte sich die GEW immer wieder für Neueinstellungen ein, um die personelle Ausstattung der Schulen mit einer besseren Stundenzuweisung beim Arbeitsvermögen zu gewährleisten. Diese Verbesserungen im Arbeitsalltag der Pädagogischen Mitarbeiter*innen sind das Ergebnis des engen Zusammenwirkens von GEW und Lehrerhauptpersonalrat, insbesondere der GEW-Vertreter*innen.

Vorwürfe, dass die GEW nicht wüsste, was die Pädagogischen Mitarbeiter*innen an den Schulen leisten, sind somit völlig haltlos, zumal alle unsere GEW-Kolleg*innen in den Stufenvertretungen als Pädagogische Mitarbeiter*in bzw. Lehrkraft weiterhin in der Praxis bzw. Schule tätig sind und somit den ständigen Kontakt und Austausch vor Ort pflegen. Ohne dieses Basiswissen gäbe es gar keine gelingende Gewerkschaftsarbeit!

Weshalb „Ungleichbehandlung“ bei den „Corona-Zahlungen“?

Schon der Begriff „Corona-Zahlungen“ ist völlig irreführend. Es handelt sich, anders als in anderen Branchen wie Gesundheitswesen, Einzelhandel u. a., um keine tarifliche Zahlung.

Es gab eine mehrmonatige Auseinandersetzung des Lehrerhauptpersonalrates (LHPR) mit dem Bildungsministerium über die Anerkennung von zusätzlich geleisteten Stunden im Zusammenhang mit schulischen Aufgaben. Von Seiten des Lehrerhauptpersonalrats wurde dies an folgenden Punkten festgemacht:

  • Die Schulen mussten die Parallelität von Unterricht in den Klassen und gleichzeitiger Bereitstellung von Aufgaben für die Schüler*innen, deren Eltern die Präsenzpflicht für ihr Kind ausgesetzt haben, gewährleisten. Im Klartext: 27 (25) Stunden Unterricht und Aufgabenaufbereitung für diese Schüler*innen. Damit verstieß man gegen die Arbeitszeitregelungen für Lehrkräfte.
  • Der organisatorische Aufwand für die Schulen in Zeiten der Pandemie ist enorm hoch: Hygienepläne aufstellen, Stundenpläne ändern, Aufsichtspläne umschreiben, Elternkontakte herstellen, neue Wege beim Bereitstellen der Aufgaben finden, Server-Ausfall verkraften, Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt, statistische Meldungen – all diese Aufgaben wurden durch die bisherigen Anrechnungsstunden für Lehrkräfte nicht annähernd abgebildet.

Aus diesen beiden Gründen haben sich die GEW-Vertreter*innen im LHPR hartnäckig um die Anerkennung dieser zusätzlichen Arbeitszeiten bemüht.

Dabei spielte auch eine Rolle, dass sich die Arbeitszeit der Pädagogischen Mitarbeiter* innen an einem festen zeitlichen Raster laut Dienstvereinbarung für Pädagogische Mitarbeiter*innen orientiert. Grundlage für die Arbeitszeit der Pädagogische Mitarbeiter*innen war auch in der durch die Pandemie bedingten Zeit die jeweils gültige festgeschriebene Arbeitszeittabelle. In einem Raster von in der Regel sechs Stunden pro Tag wurde die Notbetreuung gestaltet bzw. nach Aufnahme des Schulbetriebes die Klassen begleitet. In diesem Zeitrahmen haben die Pädagogische Mitarbeiter*innen natürlich eine unverzichtbare Arbeit geleistet.

Die Arbeitszeit der Lehrer*innen hat dieses feste Raster jedoch nicht. Ein Teil der Arbeitszeit ist mit der Unterrichtsverpflichtung festgelegt, der andere Teil aber nicht. Um genau diesen Teil geht es hier. Bei der Anerkennung von zusätzlichen Stunden im Corona-Alltag ging es also um die vielen zusätzlichen Aufgaben, die anders nicht honoriert werden konnten. Natürlich kann man trefflich darüber diskutieren, ob die vorgegebenen Stunden pro Schule dafür reichen. Fest steht, die Corona-Belastungen können nie gerecht aufgerechnet werden. Sollte es an einzelnen Schulen zu Überlastungen im Bereich der Arbeitszeit von Pädagogischen Mitarbeiter*innen gekommen sein, können diese Überstunden selbstverständlich über den Schulleiter geltend gemacht und ausgeglichen werden. Auf die Ausschlussfrist nach TV-L § 37 wird hingewiesen.

Wurden Pädagogische Mitarbeiter*innen bei den Tarifrunden vernachlässigt?

Nein, das ist nicht der Fall. In der letzten Tarifrunde für die Angestellten der Länder wurden von uns zwei wesentliche Ziele hinsichtlich der Einkommensverbesserungen verfolgt:

  1. die Erhöhung der Tabellenentgelte für alle Beschäftigten und
  2. die Verbesserung der Eingruppierung und Einstufung von Pädagogischen Mitarbeiter* innen

Die erreichten allgemeinen Tabellenerhöhungen, die in drei Schritten am 1.1.2019, am 1.1.2020 und am 1.1.2021 um insgesamt acht Prozent erfolgte, kam allen Angestellten zugute. Für die Pädagogischen Mitarbeiter*innen wurde darüber hinaus die Eingruppierungshöhe den Regelungen im Bereich der Kommunen nach oben angepasst. Und wir konnten auch durchsetzen, dass für die Pädagogischen Mitarbeiter* innen an den Förderschulen, deren Stufenaufstieg bis 2019 in der Stufe vier endete, ein Aufstieg in Stufe fünf und sechs ermöglicht wird, und zwar unter Berücksichtigung der bereits zurückgelegten Beschäftigungszeit. Insgesamt haben die Pädagogischen Mitarbeiter*innen mit dem Tarifabschluss 2019 deutlich mehr partizipiert als andere Landesbeschäftigte. Das finden wir richtig und wichtig!

Inzwischen haben wir erneut Tarifverhandlungen geführt, die auch von den besonderen Anforderungen der Beschäftigten in der Corona-Pandemie geprägt waren. Ob die Gewerkschaften ihre Forderungen nach angemessener Entgeltangleichung und einer finanziellen Würdigung der Leistungen der Lehrkräfte und der Pädagogischen Mitarbeiter* innen durchsetzen können, hängt auch davon ab, wie die Beschäftigten den Gewerkschaften den Rücken stärken, sich in die Auseinandersetzung einbringen und trotz einiger Unterschiedlichkeiten für gemeinsame Ziele kämpfen.

Insofern ist es sehr schade, wenn sich einzelne abwenden, weil sie das Gefühl haben, dass es durch uns eine Ungleichbehandlung zwischen den Beschäftigtengruppen gibt. Lasst uns lieber im Gespräch miteinander diese Punkte besprechen. Nur miteinander werden wir unsere Ziele in der Ausgestaltung unserer Arbeitsplätze und im Tarifkampf erreichen.

Kontakt
Ingo Doßmann
Vorstandsmitglied für Allgemeinbildende Schulen