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Gespräch mit Bildungsministerin Eva Feußner

Größte Herausforderung ist die Personalgewinnung

Seit der Amtszeit von Karl-Heinz Reck, von 1994 bis 1998 Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, führte die Redaktion der EuW ausführliche Gespräche mit den für Bildung zuständigen Ministern bzw. Ministerinnen und dokumentiert diese für die Mitglieder der GEW Sachsen-Anhalt. In dieser Ausgabe der EuW setzen wir diese langjährige Tradition nun mit der Dokumentation des Gespächs mit Bildungsministerin Eva Feußner fort, das Kerstin Hinz, stellvertretende Landesvorsitzende und Mitglied des Leitungsteams „Allgemeinbildende Schulen“ im Landesvorstand, und Prof. Dr. Hans-Dieter Klein, verantwortlicher Redakteur der EuW, am 8. Dezember 2021 führten.

Hans-Dieter Klein: Als Auftakt unseres Gesprächs zuerst eine ganz allgemeine Frage: Was sahen Sie bei der Berufung in das Ministerinnenamt als besondere Herausforderung?

Eva Feußner: Die größte Herausforderung – und das gilt sicher für die ganze Legislaturperiode – ist die Personalgewinnung. Wir hatten in der vergangenen Wahlperiode das Ziel, 103 Prozent Unterrichtsversorgung zu erreichen. Wenn ich ehrlich bin, ich würde mich freuen, wenn wir in der jetzigen Wahlperiode zunächst 100 Prozent erreichen würden. 103 Prozent sind eher schwierig zu schaffen.
Unabhängig davon ist die Bewältigung der Pandemie-Situation eine besondere Herausforderung. Ich meine dabei nicht nur die faktische Bewältigung, sondern die sozialen Folgen, die zu „reparieren“ sind. Gegenwärtig wäre es hochmütig, da Wunder zu erwarten, weil die Probleme jetzt kaum angegangen werden können. Es ist schwierig, jetzt Lernrückstände aufholen zu wollen, da erst einmal der reguläre Unterricht überhaupt abgesichert werden muss. In diesem Zusammenhang spielt die Digitalisierung eine große Rolle, da es hier bedeutende Fortschritte gibt. 

Hans-Dieter Klein: Diese Aufgaben werden sich ja nicht im Selbstlauf erledigen. Ohne die Lehrkräfte und ihren vollen Einsatz wird nichts zu machen sein. Was tut das Land, das Ministerium und die Ministerin, um die Lehrkräfte dabei zu unterstützen, zu fordern und vor allem zu fördern?

Eva Feußner: Lernrückstände aufzuholen, unterstützt der Bund mit finanziellen Mitteln. Diese Mittel stellen wir den Schulen als Budget zur Verfügung. Die Schulen können sich aufmachen, externe Unterstützung einzukaufen. Dabei geht es nicht um klassischen Unterricht, sondern um Möglichkeiten der Unterstützung insbesondere bei Defiziten. Sie können auch Schülerinnen und Schüler gewinnen, die z. B. mit jüngeren Schülerinnen und Schülern üben. Auch das wird über Honorarverträge bezahlt. Dabei werden auch Besonderheiten des Lernens von Schülern bei Schülern genutzt. Das sollen keine Einzelaktionen sein. Stattdessen soll diese Form des Lehrens und Lernens zunächst bis 2027 verstetigt werden.
Dazu kommen Expertinnen und Experten aus der Industrie, aus der Medizin, der Psychologie oder dem Sprachenbereich. Letzteres würde auch für die Grundschulen – und wahrlich nicht nur für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund – interessant sein.
Ich will hier auch auf den abgeschlossenen Vertrag mit den Kreisvolkshochschulen verweisen.

 

Kerstin Hinz: Von den Schulleitungen hören wir, dass das ein sehr hoher Aufwand ist. Hier fällt der Begriff „Entlastung von administrativen Aufgaben“. Was stellt sich das Ministerium vor, wie Lehrkräfte entlastet werden können, um nicht im Organisatorischen zu versinken und um ihre ureigensten Aufgaben zu erfüllen?

Eva Feußner: Wir halten an unserer Personaloffensive fest. Wir haben 100 Digitalassistentinnen und -assistenten sowie Digitalmentoren im Haushalt angemeldet. Bewerben können sich z. B. Absolventinnen und Absolventen des Zertifikatskurses „Digitalmentoren“ der Hochschule Merseburg. Dazu kommen Schulverwaltungsassistentinnen und Schulverwaltungsassistenten. Für das Haushaltsjahr 2022 geht es um 100. Diese Zahl soll nach dem Koalitionsvertrag auf 500 aufgestockt werden.

 

Kerstin Hinz: Können Sie das Anforderungsprofil an mögliche Bewerberinnen und Bewerber nennen, denn vielleicht wissen viele gar nicht, dass es hier Arbeitsmarktchancen gibt?

Eva Feußner: Es handelt sich um einen Bachelor-Abschluss oder um einen diesem entsprechenden Diplomgrad in einem abgeschlossenen Fachhochschulstudiengang wie Allgemeine Verwaltung oder ein Abschluss als Verwaltungsfachwirt/in, Verwaltungsfachangestellte/r oder Kaufmann und Kauffrau für Büromanagement.

Die größte Herausforderung – und das gilt sicher für die ganze Legislaturperiode – ist die Personalgewinnung. Wir hatten in der vergangenen Wahlperiode das Ziel, 103 Prozent Unterrichtsversorgung zu erreichen. Wenn ich ehrlich bin, ich würde mich freuen, wenn wir in der jetzigen Wahlperiode zunächst 100 Prozent erreichen würden. 103 Prozent sind eher schwierig zu schaffen.

Eva Feußner

Hans-Dieter Klein: Das entlastet natürlich noch nicht die Lehrkräfte im Unterricht. Deshalb eine Gewissensfrage: Glauben Sie, dass Sie in dieser Amtszeit die Aufgabe lösen können, dass Lehrerinnen und Lehrer, oder ganz allgemein die Schulen, ein volles Angebot realisieren können?

Eva Feußner: Wenn wir die Zahlen aus dem Koalitionsvertrag erreichen wollen, muss ein ganzes Bündel angefasst werden. Ohne das Instrument des Arbeitszeitkontos wird das aus meiner Sicht nicht zu ermöglichen sein. Die Bevölkerungsprognose sieht so aus, dass bis Mitte der 20er Jahre die Schülerzahl leicht steigen wird. Danach gibt es eine Entspannung.

 

Hans-Dieter Klein: Wir sind, solche Aussagen betreffend, gebrannte Kinder. Insbesondere die jeweils für die Lehrerbildung bzw. die Finanzen zuständigen Ministerien haben solche oder ähnliche Aussagen getätigt, die bisher nie eingetreten sind.

Eva Feußner: Wenn wir zu einem Modell der Arbeitszeitkonten kommen, wird der Zeitraum etwas länger werden müssen.

 

Kerstin Hinz: Wie weit sind in diesem Zusammenhang die Vorbereitungen gediehen?

Eva Feußner: Wir werden demnächst unsere Vorstellungen dem Finanzministerium übergeben. Es geht jetzt los.

 

Kerstin Hinz: Als GEW sind wir immer für das Arbeitszeitkonto gewesen, aber nur auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Alles andere wäre eine de facto Deputats-, sprich Arbeitszeiterhöhung.

Eva Feußner: Freiwilligkeit setzt voraus, dass es sich um eine genügend große Zahl handelt. Die Gespräche werden jetzt geführt und es ist noch kein Ergebnis da. Ob es bei einer Freiwilligkeit bleibt, kann ich nicht versprechen.

 

Kerstin Hinz: Das sehen wir dann aber sehr kritisch.

Eva Feußner: Bei Nichtfreiwilligkeit hat das Ministerium eine Altersgrenze im Blick.

 

Hans-Dieter Klein: Über Prognosen kann man ja so und so denken, es bleibt aber die Frage, ob Lehrerinnen und Lehrer überhaupt ausreichend zur Verfügung stehen werden, selbst wenn die Schülerzahl sinkt. Was muss man also tun, um ein ausreichendes Angebot zu sichern?

Eva Feußner: Junge Leute für den Lehrberuf zu begeistern, kann man natürlich am besten in der Schule selbst. Das könnte ich sicher so stehen lassen, aber die Sache ist komplizierter. Wir haben z. Zt. in Halle 800 und in Magdeburg 200 Studienplätze. Eigentlich bräuchten wir sogar noch mehr. Aus welchen Gründen auch immer – es kann auch pandemiebedingt sein – haben wir diese aber nicht voll bekommen. Selbst wenn wir ausreichend Interessierte und Studienanfängerinnen sowie -anfänger bekommen hätten, wäre uns nicht in Gänze geholfen. Ich wünschte mir von den Universitäten auch fachliche Umorientierungen, um – z. B. in den MINT-Fächern – bedarfsgerechter auszubilden. Hier bedürfte es einer engeren Kooperation zwischen Ministerien und Hochschulen.
Wir besuchen im Zusammenhang mit der Lehrkräftegewinnung auch Messen. Wir suchen Kontakte und werben für den Lehrberuf. Das trifft auf berufsbildende Messen, aber auch auf Messen zu, bei denen wir gezielt Seiteneinsteigende ansprechen. Das ist zugegebenermaßen nicht die Masse. Aber wir müssen versuchen, jede/n zu bekommen, die/den wir gewinnen können.

 

Hans-Dieter Klein: Die GEW hat seit Jahren im Sinne der Gewinnung von Lehrkräften den Vorschlag gemacht, ein einheitliches Lehramt für die Sekundarstufe auszubilden, vor allem um die Attraktivität für die Auszubildenden bei ihrem zukünftigen Einsatz zu verbessern. Dabei geht es auch um die Möglichkeit für die Sekundarschulen, auf schwierige Situationen zu reagieren.

Eva Feußner: Gibt es das einheitliche Lehramt irgendwo?

 

Kerstin Hinz: Bei Eingehen auf diesen GEW-Vorschlag würden wir etwas Neues machen.

Eva Feußner: Man muss in diesem Zusammenhang prüfen, ob sich der Effekt ergibt, dass man mehr Lehrkräfte für die Sekundarschule gewinnt. Ich bin dafür, Neues auszuprobieren, würde aber gerne Beispiele kennen.

Junge Leute für den Lehrberuf zu begeistern, kann man natürlich am besten in der Schule selbst. Das könnte ich sicher so stehen lassen, aber die Sache ist komplizierter. Wir haben z. Zt. in Halle 800 und in Magdeburg 200 Studienplätze. Eigentlich bräuchten wir sogar noch mehr. Aus welchen Gründen auch immer – es kann auch pandemiebedingt sein – haben wir diese aber nicht voll bekommen. Selbst wenn wir ausreichend Interessierte und Studienanfängerinnen sowie -anfänger bekommen hätten, wäre uns nicht in Gänze geholfen. Ich wünschte mir von den Universitäten auch fachliche Umorientierungen, um – z. B. in den MINT-Fächern – bedarfsgerechter auszubilden. Hier bedürfte es einer engeren Kooperation zwischen Ministerien und Hochschulen.

Eva Feußner

Kerstin Hinz: Wir sind ja noch so ausgebildet worden und wurden nur nach der Wende den Schulformen zugeordnet.

Da wir beim Nachwuchs sind, ist unbedingt der Seiteneinstieg zu nennen. Wir haben als GEW bzw. auch aus den Personalräten die Rückmeldung von Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Praxis. Meine Frage ist, ob es Vorhaben gibt, Veränderungen herbeizuführen. Das eine ist die Gewinnung der Lehrkräfte, andererseits müsste man dann aber auch dafür sorgen, dass die Kolleginnen und Kollegen bleiben ...

Eva Feußner: Wir sind in sehr enger Verbindung mit dem LISA, um den Seiteneinstieg zu evaluieren. Noch sind die Veränderungen nicht abgestimmt. Was man jetzt schon sagen kann: Wir wollen die Kolleginnen und Kollegen über ein Jahr begleiten. Wir werden dadurch den Einstieg entzerren. Es wird in absehbarer Zeit Veränderungen geben, die zu einer Entlastung der Seiteneinsteigenden führen sollen. Das kann ich schon so sagen.

 

Hans-Dieter Klein: Zwei Dinge will ich noch fragen. Bundespolitisch ist das Thema Ganztagsangebot angeschoben worden. Wie geht das Land damit um?

Eva Feußner: Das Ganztagsangebot (der Hort) ist beim Sozialministerium verortet. Vieles wurde hier durch Initiativen von Ganztagsschulen aus den westlichen Bundesländern angeschoben. Wir sind mit unserem Hortangebot da viel weiter. Es wird manches wieder aufgebaut, was nach der Wende abgebaut wurde. Es gibt jetzt schon gute Beispiele, bei denen Schule und Hort zusammengeführt werden. Hinzu kommt, dass wir Erfahrungen haben, die leider abgeschnitten wurden. Wir wollen aber ernsthaft die Ganztagsschule anstreben. Organisatorisch ist das wahrscheinlich kein Problem. Das Problem liegt im Personellen. Es gibt aber, wie gesagt, auch schon gute Beispiele der Kooperation zwischen den Trägern.

 

Hans-Dieter Klein: Ich hatte noch eine zweite Frage angekündigt: Stichwort Schulsozialarbeit. Ich habe gestern in der Kreisausgabe der MZ für das Mansfelder Land gelesen: „Es bleibt alles beim Alten.“ Für mich heißt das, dass das, was neu sein soll, außen vor bleibt. Das heißt z. B. die dauerhafte Finanzierung ist da nicht zu erkennen. Wie darf man die Formulierung verstehen?

Eva Feußner: Im gewissen Sinne bleibt alles beim Alten, nämlich in dem Sinne, dass weiterhin 380 Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter beschäftigt werden. Wir finanzieren über ESF-Mittel weiter das Programm. Allerdings ist eine neue Finanzierung vorgegeben. Wir müssen 40 Prozent übernehmen, davon die Kommunen die Hälfte, d. h. 20 Prozent. Ihre Frage, Herr Klein, bezieht sich sicher auf die Aufstockung der Beschäftigten-Anzahl. Dazu kann ich erst mal nichts sagen. Es ist nur von Verstetigung die Rede. Das wird erst in den nächsten Haushalten benannt.

Die GEW geht sehr kritisch mit Vorschlägen und Ideen um, kritisiert nicht nur, sondern macht auch konstruktive Vorschläge. Die würde ich nicht alle zu 100 Prozent unterschreiben, aber häufig sind sie ins administrative Geschehen eingeflossen.

Eva Feußner

Kerstin Hinz: Die 20-prozentige Beteiligung der Kommunen sehen wir, wie viele Kommunen selbst, als sehr problematisch an!

Aber zu einem weiteren Thema: Für die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen wurde in den vergangenen Jahren die Stundentafel stark verändert. Es kam zu Abstrichen, die die Übergangsmöglichkeiten zwischen den Schulformen sehr erschweren. Also orientieren sich viele Eltern gleich aufs Gymnasium. Dadurch entsteht ein Run auf die Gymnasien. Sehen Sie da Handlungsbedarf?

Eva Feußner: Der Koalitionsvertrag sieht vor, eine Expertenkommission einzurichten. Die jetzigen Regelungen wurden auch von Experten aus dem Sekundarbereich, auch aus Gründen der Unterrichtsversorgung, vorgeschlagen. Ohne vorzugreifen kann ich sagen, dass es eine neue Fachgruppe geben wird, die nicht politisch besetzt werden soll. Diese Fachgruppe sollte sich generell mit den Übergängen, nicht nur von Grundschule/Sekundarschule zum Gymnasium, beschäftigen. Ich will dem Ergebnis aber nicht vorgreifen. Man muss sich auch Gedanken über die Erfolgsrate des Gymnasiums machen. Dabei sollten die Schulformen miteinander reden und nicht separat betrachtet werden.

 

Hans-Dieter Klein: Sie wollen Expertenwissen einbeziehen, darunter Praktiker, aber auch Wissenschaftler. Wir haben ja Erfahrungen mit solchen Gremien. Zuletzt lief das unter dem Begriff „Schulfriedensgespräche“. Wir haben den Eindruck, dass kluge Leute gearbeitet haben, aber nicht viel im administrativen Bereich angekommen ist. Ist das ein falscher Eindruck?

Eva Feußner: Ich will positiv entgegnen, dass die Positionen der „Friedensgespräche“ zu ganz großem Teil, eigentlich fast alles, in den Koalitionsvertrag eingegangen sind. Jetzt gilt es, das auch entsprechend umzusetzen. Der administrative Bereich ist in der Tat nicht immer von allem überzeugt.

Hans-Dieter Klein: Da kann ja dann die starke Ministerin wirken ...

Eva Feußner: Natürlich werden auch die Koalitionsfraktionen wie die Opposition kontrollieren, was das Ministerium macht und auch selbstverständlich nachfragen.

 

Hans-Dieter Klein: Ich will noch eine Frage pro domo stellen. Die GEW ist ja bei vielen Expertengruppen dabei gewesen und Sie haben Erfahrungen mit ihr gemacht. Was schätzen Sie an der GEW?

Eva Feußner: Die GEW geht sehr kritisch mit Vorschlägen und Ideen um, kritisiert nicht nur, sondern macht auch konstruktive Vorschläge. Die würde ich nicht alle zu 100 Prozent unterschreiben, aber häufig sind sie ins administrative Geschehen eingeflossen.

 

Kerstin Hinz: Und wie sieht es mit unserem Vorschlag „A 13 für Grundschullehrkräfte“ aus?

Eva Feußner: Der wurde leider nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Sie merken an meiner Formulierung, dass ich das nicht grundsätzlich ablehne. Wir werden die Sache gründlich beobachten, z. B. dahingehend, ob uns gut ausgebildete Grundschullehrerinnen und -lehrer meiden oder verlassen. Das wäre für das Land entscheidend. Ich will nicht zurückhalten, dass es an den Landesgrenzen schon Diffusionserscheinungen gibt, aber im Grundschulbereich die Situation gar nicht so schlecht ist. Das trifft auf die Studienanfänger zu, aber auch für die, die im Lande verbleiben. Sollte sich das gravierend ändern, bleibt dem Land gar nichts anderes übrig, als zu reagieren.

 

Kerstin Hinz: Wir hätten es aber lieber, wenn die A 13 aufgrund der hohen Qualifikation des Hochschulabschlusses und der anspruchsvollen Aufgaben zur Regel würde als nur aufgrund von Zwängen. Würde das nicht auch für das Klima und die Wertschätzung positive Wirkung zeigen?

Eva Feußner: Ich glaube, dass man das eine mit dem anderen verbinden könnte.

 

Hans-Dieter Klein: Wir bedanken uns für dieses Gespräch sehr herzlich.

Seit dem 16. September ist Eva Feußner Bildungsministerin des Landes Sachsen-Anhalt. Zuvor war sie Staatssekretärin im Bildungsministerium und einige Jahre Landtagsabgeordnete. Sie ist ausgebildete Lehrerin. Kurz vor Ablauf der ersten 100 Tage als Ministerin führte die GEW am 8. Dezember 2021 ein Gespräch mit Eva Feußner. Waren solche Gespräche mit ihren Vorgängern wesentlich an der Entwicklung des Schulsystems des Landes orientiert, ergab sich aus den Umständen der Corona-Pandemie erst einmal eine Konzentration auf die Lösung der damit im Zusammenhang stehenden Probleme. Zu Recht setzt sie in ihrer Prioritätenliste jedoch den Lehrkräftemangel an die erste Stelle. Schulreformen, inhaltliche Entwicklungen und die Suche nach Qualitätsverbesserungen in der Ausbildung der Lehrkräfte und neue Entwicklungen in den Lehrinhalten des Fächerkanons, der Didaktiken und die Schulentwicklung prägen auf jeden Fall nicht die erwünschten Ziele. Man könnte auch sagen, Ministerium und Schulverwaltung sind bestenfalls ein Reparaturbetrieb. Zu den eigentlichen Aufgaben kommt das Schulsystem kaum. Und die vorgeschlagenen Maßnahmen, wie zuletzt Arbeitszeitkonten oder Seiteneinstieg, sind doch immer wieder nur Hilfsmittel. Kein Wunder, dass es kaum richtungsweisende Neuerungen, wie etwa die Anerkennung der Leistungen der Grundschullehrkräfte durch A 13/E 13-Bezahlung auf der Tagesordnung stehen. Weitere Felder, die dringend bearbeitet werden müssen, sind die Schulsozialarbeit und ein System der Entlastung der Lehrkräfte von Verwaltungsarbeiten. Es bleibt viel zu tun. Darüber waren sich die Ministerin und die GEW in ihrem Gespräch einig. Es wundert zugleich nicht, dass die parlamentarische Opposition, besonders DIE LINKE, mit dem Vorgehen der Landesregierung in Sachen Schule, Lehramtsausbildung, Ganztagsschule und Schulsozialarbeit kritisch umgeht. Alles Themen, die auch der GEW auf den Nägeln brennen.

Kontakt
Kerstin Hinz
Vorstandsmitglied für Allgemeinbildende Schulen