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Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu Normenkontrollklagen

Enttäuschende Entscheidung im Normenkontrollverfahren zur „Vorgriffstunde“

Am 7. März hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg (OVG) die sogenannte Vorgriffstunde leider bestätigt. Geklagt hatten mithilfe des GEW-Rechtsschutzes zwei GEW-Mitglieder, eine Beamtin und ein angestellter Lehrer. Das Urteil gilt für beide Statusgruppen.

Das Gericht war der Auffassung, dass es bei der Vorgriffstunde „nur“ um eine Verschiebung der Arbeitszeit geht und nicht um eine Erhöhung. Jede Lehrkraft könnte ja die Stunden, die jetzt geleistet werden, später als Arbeitszeit abgelten. Die große Belastung, die für unsere Kolleg*innen derzeit durch das Leisten der Vorgriffstunde zusätzlich zu den sonstigen Vertretungsstunden und den weiteren Aufgaben entsteht, spielte für das Gericht keine Rolle. Das OVG hat auch die mangelhafte Umsetzung der Regelungen zur Vorgriffstunde nicht gerügt. Weder die Nichtbezahlung der Stunde über Monate hinweg noch die Tatsache, dass nur die Stunden angerechnet werden, die wirklich geleistet wurden, auch wenn der Grund für den Ausfall nicht bei der Lehrkraft zu suchen ist, erschien den Richter*innen in diesem Verfahren problematisch. Auch für Teilzeitbeschäftigte sei die Stunde zumutbar. Ansonsten könne ja jede Lehrkraft individuell klagen.

Weitere Rechtsmittel wurden nicht zugelassen. Gegenwärtig prüft die GEW, ob dagegen Beschwerde eingelegt werden kann.

Die Kläger*innen, die an einer integrierten Gesamtschule und an einem Gymnasium unterrichten, waren enttäuscht, dass die akribische Vorbereitung so vom Tisch gewischt wurde. Wir als GEW sind es ebenso, weil die derzeitigen Arbeitsbedingungen, die Belastungen, der mangelnde Gesundheitsschutz so gar keine Rolle für das OVG gespielt haben.

Damit wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte zunächst hoch bleiben mit weiteren Auswirkungen auf den jetzt schon sehr hohen Krankenstand. Die GEW befürchtet weiterhin eine starke Fluktuation aus dem Beruf, da Lehrkräfte nicht dauerhaft am Limit arbeiten können.

Darüber hinaus zeigt dieses Urteil deutlich, dass eine einseitige Erhöhung der Arbeitszeit offensichtlich möglich ist, ohne dass der Arbeitgeber bzw. Dienstherr der Lehrkräfte die tatsächliche Arbeitszeit ermitteln muss, um begründete Entscheidungen fällen zu können.
Eine frühere Rechtsprechung aus Niedersachsen, in der jede Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung ohne vorherige Erfassung und Entlastung der Arbeitszeit für unrecht erklärt wurde, wird damit vom Gericht ignoriert.

Die GEW Sachsen-Anhalt fordert die Landesregierung auf, mit ihr in Gespräche einzutreten, um die Folgen der zusätzlichen Stunde für die Beschäftigten abzumildern und endlich über die Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften zu reden. Nur so können die Belastungen tatsächlich sichtbar gemacht werden.

Wir werden selbstverständlich auch unsere Mitglieder bei individuellen Klagen gegen eine zu hohe Arbeitsbelastung durch die Vorgriffstunde und bei anderen Arbeitszeitfragen unterstützen.

Nur wenn sich die Arbeitsbedingungen an den Schulen Sachsen-Anhalts drastisch verbessern, werden sich auch mehr Menschen für den Einstieg in den Lehrberuf entscheiden.

Kontakt
Anke Prellwitz
Vorstandsmitglied für Rechtsschutz
Telefon:  0391 735 54 33
Kontakt
Volker Thiele
Vorstandsmitglied für Rechtsschutz