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GEW-Mitglieder im Fokus

Maik Behrisch: Not-Lösung wird Top-Lösung

Hortleiter Maik Behrisch wünscht sich von „seiner“ GEW eine noch stärkere Fokussierung auf die inhaltliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Im Integrativen Hort der Kita „Onkel Uhu“ in Halle lebt der Foto-Fan seine Leidenschaft für den Erzieherberuf aus.

Maik Behrisch hat eine klare Botschaft, und die sendet er gleich zu Beginn unseres Gesprächs: „Ich bin schon seit langem GEW-Mitglied, finde die Themen von Kita und Hort aber immer ein wenig unterrepräsentiert“, sagt der 36-Jährige, der Leiter des Integrativen Horts der Kita „Onkel Uhu“ in Halle-Neustadt ist. Die starke Fokussierung auf die – da will er nicht falsch verstanden sein – sehr wichtige Durchsetzung von tariflichen Forderungen überlagere seines Erachtens oft den Aspekt, „dass es uns ganz stark auch um die konkreten organisatorischen Rahmenbedingungen unseres Tuns und deren Verbesserung gehen sollte.“ Die Einführung von zusätzlichen Regenerationstagen beispielsweise sei auf individueller Ebene zwar schön und richtig – „doch aufs Ganze betrachtet tun sich Löcher auf, weil ich ja nicht plötzlich mehr Personal habe“, beschreibt er exemplarisch ein Dilemma.

„Nun kann man sich bloß darüber aufregen und ärgern – oder man kann versuchen, von innen was am Betrieb zu ändern“, sagt Maik Behrisch, der definitiv den letztgenannten Ansatz verfolgt – als GEW-Mitglied, seit acht Jahren zudem als Betriebsrat und sowieso und zuvorderst in seiner täglichen Arbeit im Hort. Dessen Domizil, ein im Vorjahr eröffneter, hochmoderner Neubau, ist mit seinem an einen Abenteuerwald erinnernden Foyer Beispiel und Ausdruck dessen, worum es Behrisch vor allem geht – die Rahmenbedingungen (hier die baulichen) des eigenen Arbeitens: „Im Vorfeld des Neubaus haben wir uns insgesamt acht Einrichtungen in ganz Deutschland angeschaut, um anderswo gewonnene Erfahrungs- und Referenzwerte in unser Neubau-Projekt einfließen zu lassen“, sagt Behrisch und nennt einen ganz konkreten Punkt: Die konsequente Anwendung schalldämmender Architektur sowie Materialen sorge für eine deutlich ruhigere, mithin entspanntere Arbeitsatmosphäre – was natürlich unmittelbar auch den Hort-kindern zugutekomme.

Denn Herausforderungen gebe es in dem als sozialer Brennpunkt geltenden Viertel der DDR-Großwohnsiedlung Halle-Neustadt zuhauf – etwa den hohen Anteil von Kindern „mit internationaler Geschichte“, wie Behrisch sagt, der den landläufigen Begriff „Migrationshintergrund“ längst als Stigma empfindet. „Da gehen bestimmte Schubladen auf.“ Ihm und seinem Team ginge es darum, die Hortkinder für den Übergang von Grund- zu weiterführender Schule (und damit in die „unbegleitete Freizeit“) so zu wappnen, dass diese dann gegebenenfalls auch ohne Unterstützung seitens des Elternhauses eine stabile soziale Einbindung, etwa in einem Verein, sowie idealerweise auch Kontakte zu Gleichaltrigen außer-halb Halle-Neustadts hätten.

Um ihre ganz persönlichen Neigungen entdecken, ausprobieren und pflegen zu können, haben die Kinder in seiner Einrichtung nach eigener Wahl Zugriff auf Funktionsräume wie die Musik-, die Kreativ- oder die Medienwerkstatt, welche sogar Möglichkeiten wie einen Green Screen für Filmdrehs oder zur Aufnahme von Podcasts bietet. Wer einen modernen Hort mit dem früher geltenden Motto „Satt, sauber, nicht verletzt und Hausaufgaben erledigt“ in Verbindung bringe, liege komplett falsch, unterstreicht Maik Behrisch und nimmt das gleich als Vorlage für ein flammen-des Plädoyer pro Erzieherberuf: „Dieser, in nicht wenigen Köpfen leider immer noch klischeehaft mit Basteln und Kaffeetrinken verbunden, bietet – Stichwort Kreativräume – eine Vielfalt wie kaum ein anderer Beruf und jede Menge Möglichkeiten, seine eigenen Vorlieben einzubringen.“ In seinem Fall sei das beispielsweise die Fotografie.

Der gebürtige Zittauer Maik Behrisch, wiewohl immer sehr interessiert an Technik, fand selbst durch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) Gefallen am sozialen Bereich, absolvierte in der Folge eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Nachdem er der Liebe wegen nach Halle gezogen war und zunächst in der Lebenshilfe mit körperlich und geistig beeinträchtigten Erwachsenen arbeitete, sattelte er schließlich eher notgedrungen auf den Bereich Hort um. „Meine Frau ist Krankenpflegerin; und zwei Schichtarbeiter funktioniert einfach nicht mit zwei Kindern“, so der 36-Jährige. Aus der „Notlösung“ sei freilich längst die absolute Top-Lösung geworden: „Ich tue hier das, was mich glücklich macht und mir oft gar nicht wie Arbeit vorkommt“, sagt Behrisch, der nun noch ein Studium der Kindheitspädagogik „draufschnallt“.

Das Thema Ausbildung liegt ihm auch als Hortleiter sehr am Herzen. „Es hat sich herumgesprochen, dass, wer etwa als Jahrespraktikant zu uns kommt, hier richtig gefordert, aber eben auch wirklich gut begleitet und eingebunden wird.“ Um das Ausbildungsthema optimal zu betreiben, sei man auf eine kreative Lösung gekommen und habe auf Basis der sowohl von ihm als Hortleiter als auch von der Kita-Leitung abgetretenen sogenannten Leitungsstunden eigens die Stelle einer Praxiskoordinatorin geschaffen. „Da klappt manchem Hospitanten die Kinnlade runter – das Modell kann gern nachgemacht werden.

Am Ende unseres Gesprächs kommt Maik Behrisch auf etwas zu sprechen, bei dem er sich von „seiner“ GEW ebenfalls eine noch stärkere Schwerpunktsetzung erhofft – beim Thema Bildungsgerechtigkeit nämlich: „Wenn wir in Krippe und Kita, die in den Sonntagsreden der Politiker doch regelmäßig als erste Bildungseinrichtung etikettiert werden, in Bremen einen Betreuungsschlüssel von 1:3 und in Sachsen-Anhalt einen von 1:6 im Krippenbereich haben, ist das eine Ungleichheit, die sich über eine lange Folgestrecke ,durchpaust‘“.

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