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Kommentar

Wir brauchen keine Wolldecken, sondern echte Entlastung!

GEW-Gewerschaftssekretär Christian Müller plädiert für mehr Hilfen für die Bürgerinnen und Bürger im Zuge steigender Energiekosten und Inflation. Die Menschen brauchen jetzt echte Entlastung und keine Wolldecken! Ein Kommentar zum Entlastungspaket.

Der Herbst 2022 steht in Deutschland ganz im Zeichen einer Inflation, die sich aus den Spätfolgen der Corona-Pandemie und den Auswirkungen des Ukraine-Krieges herleitet. „Die Linke“ hat zum „heißen Herbst“ aufgerufen und der DGB fordert die Menschen auf, sich in dieser angespannten Situation zu solidarisieren. Die Bundesregierung verfehlt mit ihrem dritten Entlastungspaket wiederum die Bedürfnisse der Bevölkerung und stellt wirtschaftliche Interessen der deutschen Industrie in den Vordergrund ihrer Politik. Alle Menschen aufzufordern, Energie zu sparen, nur damit die Industrie sich nicht einschränken muss, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Preissteigerungen in allen Lebensbereichen

Die Bundes- und die Landesregierung fordern von allen öffentlichen Einrichtungen, dass sie die Temperaturen in Büros über die Wintermonate auf 19°C absenken müssen. Anders als Schulen und Krankenhäuser sind Hochschulen von dieser Regelung nicht ausgenommen, sowohl Studierende wie auch Mitarbeiter*innen sind gezwungen, im Winter in schlecht beheizten Hörsälen und Arbeitsräumen zu lehren und zu lernen. Wie die Hochschulen, öffentlichen Verwaltungen und weite Teile der Bevölkerung die Einsparmaßnahmen umsetzen sollen, wird dabei in die Verantwortung jedes Einzelnen übertragen. Einzelhaushalte und Familien müssen sich darauf einstellen, dass sich im Herbst und Winter die Energiepreise vervielfachen werden.

Wohnen und Heizen werden zum Luxus. Ein Luxus, den sich nur noch die leisten können, die bereits jetzt über ein hohes Einkommen oder über erhebliche Rücklagen verfügen. Es ist die Gruppe der Besserverdienenden, mit einem monatlichen Nettogehalt oberhalb von 3.500 Euro, die im besonderen Maße vom neuerlichen dritten Entlastungspaket profitieren. Diejenigen, die in Teilzeit oder in Niedrigeinkommensberufen arbeiten, sich in Ausbildung oder im Studium befinden und somit schon vor Pandemie und Inflation jeden Cent hatten umdrehen müssen, haben durch die neuerlichen Maßnahmen nur kurzfristig eine Entlastung erfahren. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat vor Kurzem davor gewarnt, dass bei weiteren Preissteigerungen Haushaltseinkommen von 3.600 Euro bald nicht mehr ausreichen könnten, um die monatlichen Lebenshaltungskosten zu decken. Langfristig werden die Inflation und eine in „Entlastungspaketen“ versteckte Wirtschaftsförderung gesellschaftliche Folgewirkungen entwickeln, wie wir sie aus vergangenen Krisen kennen. Die von vornherein sozial und finanziell schlechter gestellten Menschen wird es wieder einmal härter treffen als alle anderen.

Endlich Maßnahmen ergreifen!

Liebe Bundesregierung, liebe Landesregierung, wenn ihr von den Menschen verlangt, dass sie sich auf einen solchen „Kuhhandel“ einlassen und sie für einen Regenschirm für Industrie und Wirtschaft Opfer in allen Lebensbereichen bringen sollen, dann fordert aber auch, dass sie die Arbeitsbedingungen verbessern und als Entschädigung nicht nur Wollsocken, -decken und nette Worte anbieten, damit wir gemeinsam durch den wohl für sehr viele Menschen eiskalten Winter kommen. Darum müssen wir von der Politik fordern, endlich ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen und ebenfalls entsprechende Opfer zu bringen. Denn am Anfang und am Ende jeder Wertschöpfungskette steht noch immer der Mensch!